Aktuelle Neurologie 2005; 32 - M52
DOI: 10.1055/s-2005-919207

Semantische und Phonologische Primingeffekte untersucht mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) und repetitiver Transkranieller Magnetstimulation (rTMS)

D Hütter 1, I.G Meister 1, R Töpper 1, B Boroojerdi 1
  • 1Aachen

Der Begriff Priming bezeichnet den Teil des kortikalen Gedächtnisnetzwerkes, der nicht auf expliziten Abruf von Informationen spezialisiert ist, sondern auf implizite Informationen, die in der Vergangenheit erworben wurden und das zukünftige Erleben unbewusst beeinflussen. Auf Verhaltensebene äußert sich der Priming-Effekt in einer erleichterten Erkennung des Target-Items und somit in verkürzten Reaktionszeiten sowie einer erhöhten Richtigkeit der Antworten im Verhältnis zu nicht gebahnten Items. Die Erforschung des Priming-Effektes kann Aufschluss über die Struktur der mentalen Konzepte und ihre Repräsentationen im menschlichen Gehirn geben. Man unterscheidet perzeptuelles, konzeptuelles und das sog. Form-based-Priming (phonetisch, phonologisch, orthographisch). Mehrere Studien in unserem Labor haben verschiedene Priming-Effekte mittels fMRT hinsichtlich der kortikalen Repräsentation und mit dem Einsatz von rTMS hinsichtlich ihrer funktionellen Relevanz untersucht. Der Priming-Effekt äußert sich in der funktionellen Bildgebung durch eine verminderte Aktivierung bei gebahnten Items im Verhältnis zu neutralen Items. Mithilfe von individuellen anatomischen MRT-Aufnahmen und einem Online-Neuronavigationssystem haben wir die Möglichkeit, die Magnetstimulation zielgenau zu applizieren. Die rTMS Applikation über dem entsprechenden Areal kann eine Modulation des Priming-Effektes auf Verhaltensebene bewirken („Virtual-lesion-Technique“).

Zunächst wurde in einer fMRI-Studie der Langzeit-Priming-Effekt bei Objektverarbeitung (Bildbenennung) untersucht; bei einem Retentionsintervall von 6 Wochen fand sich eine mit Priming assoziierte Aktivierung im inferioren Temporallappen. In einer weiteren Studie zum konzeptuellen/semantischen Langzeit-Primingeffekt über einen Zeitraum von 3 Tagen mittels fMRT und rTMS nachweisen, dass semantisches Priming bei einer Kategorisierungsaufgabe für Wörter hinsichtlich ihrer Eigenschaft abstrakt oder konkret im Gyrus frontalis inferior stattfindet. Bei einer phonologischen Entscheidungsaufgabe bei orthographischer Wortpräsentation zur Untersuchung des phonologischen Kurzzeit-Priming-Effektes konnten wir Hinweise auf eine Beteiligung des linken inferioren präcentralen Kortex finden. Aus dem Wissen um die beteiligten kortikalen Netzwerke ergeben sich möglicherweise wertvolle Erkenntnisse für die logopädische Therapie von Patienten, die Sprachstörungen bei fokalen Hirnläsionen aufweisen.