Aktuelle Neurologie 2005; 32 - M94
DOI: 10.1055/s-2005-919220

Thrombolyse des ischämischen Schlaganfalls – Entwicklung in Hessen 1998–2003

M Sitzer 1, C Förch 1, T Neumann-Haefelin 1, R.W.C Janzen 1
  • 1Für die Arbeitsgruppe Schlaganfall in Hessen (ASH

Fragestellung: Seit 1996 ist die intravenöse Thrombolyse in den USA, seit 2000 auch in Deutschland zur Behandlung des akuten ischämischen Schlaganfalls innerhalb von 3 Stunden nach Symptombeginn zugelassen. Anhand der Datenbank der Geschäftsstelle Qualitätssicherung Hessen (GQH) soll die quantitative Entwicklung dieser Therapie von 1998 bis einschließlich 2003 analysiert werden. Die Bedeutung der Kliniken mit Stroke Unit (SU) soll dabei besonders berücksichtigt werden.

Methoden und Ergebnisse: Zwischen 1998 und 2003 wurden in der GQH-Datenbank n=38.573 Patienten mit einem zerebralen Infarkt dokumentiert (medianes Alter 73 Jahre, 25.-75. Perzentile 64–80 Jahre, 48% Frauen). Insgesamt wurden n=1.098 Thrombolysen im 3-Stunden-Fenster durchgeführt (2,9%). Diese Zahl stieg von n=31 (0,9%) in 1998 über n=104 (2,7%), n=168 (3,0%), n=231 (3,5%), n=297 (3,9%) auf n=267 (2,4%) in 2003 an (p<0,0001). Ca. 62% der 3-Stunden-Thrombolysen wurden in Kliniken mit einer SU durchgeführt (p<0,0001). Der Anteil der lysierten Patienten an den potentiell lysierbaren Patienten (<3 Stunden Symptombeginn + modifizierte Rankin Skala bei Aufnahme 2 + kein Koma + Alter 18 und 80 Jahre + Ausschluss intrazerebrale Blutung + keine vormalige intrakranielle Blutung) betrug insgesamt 18,2% und war mit 23% in Kliniken mit SU signifikant höher als in Kliniken ohne SU (13%, p<0,0001). Dieser Anteil stieg in den SU-Kliniken von 9,1% in 1998 stetig bis auf 28,1% in 2003 und ist weder von der Tageszeit noch vom Wochentag abhängig. Zwischen den SU-Kliniken schwankte dieser Anteil zwischen 13 und 45% (p<0,0001 für Inhomogenität).

Schlussfolgerungen: Diese deskriptive Analyse reflektiert die zunehmende Bedeutung der Thrombolyse in der Akutbehandlung des ischämischen Schlaganfalls in absoluten und relativen Werten. Zwar ist der relative Anteil der lysierten Patienten in den SU Kliniken signifikant höher und in den Jahren stetig angestiegen, allerdings ergibt sich immer noch eine relativ niedrige Wahrscheinlichkeit einer thrombolytischen Therapie für potentiell geeignete Patienten. Diese Wahrscheinlichkeit wird durch klinikinterne und durch Patienten-assoziierte Faktoren (nicht in der Datenbank abgebildete Kontraindikationen) bestimmt, die Zeitpunkte des Symptombeginns und der Klinikeinweisung spielen dabei keine relevante Rolle. In der Heterogenität der Lysewahrscheinlichkeit zwischen den Kliniken mit SU liegt ein erhebliches Potential zur weiteren Optimierung des Einsatzes dieser Therapie.