Aktuelle Neurologie 2005; 32 - V232
DOI: 10.1055/s-2005-919269

Die Bedeutung des rechten Parietalkortex für die Verarbeitung räumlicher Aspekte komplexer Handlungen: eine fMRT-Studie

P.H Weiss 1, N.N Rahbari 1, S Lux 1, U Pietrzyk 1, J Noth 1, G.R Fink 1
  • 1Aachen, Jülich

Die Motordominanz der linken Hemisphäre ist unbestritten. Klinische Beobachtungen von komplexen motorischen Defiziten bei Patienten mit rechtshemisphärischen Läsionen deuten aber auf eine – bisher unzureichend charakterisierte – Bedeutung der rechten Hemisphäre bei höheren motorischen Kontrollprozessen hin. Entsprechend wurde mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) untersucht, welche neuronalen Strukturen an der Verarbeitung der räumlichen Konfiguration von komplexen, objektbezogenen Handlungen beteiligt sind. 17 gesunde Probanden wurden in einem geblockten, zweifaktoriellen fMRT-Experiment aufgefordert, entweder räumliche oder zeitliche Fehler (Faktor FEHLER) in komplexen Handlungen zu entdecken, die entweder mit den entsprechenden Gegenständen oder als Pantomime (Faktor STIMULUS) dargeboten wurden. Die Datenanalyse erfolgte mit SPM 99 (p<0.05, korrigiert).

Die Beobachtung komplexer Handlungen (unabhängig von der Stimulusart) aktivierte ein bilaterales frontoparietales Netzwerk. Handlungen mit Gegenständen führten zu bilateralen Aktivitätssteigerungen im Gyrus fusiformis und im inferioren okzipitalen Kortex, während Pantomime den rechten präfrontalen Kortex, das anteriore Cingulum, den Precuneus und das linke Kleinhirn aktivierte. Das linke cinguläre motorische Areal wurde differentiell bei der Detektion von zeitlichen Fehlern aktiviert. Dahingegen führte die Suche nach räumlichen Fehlern in den Handlungen zu einer differentiellen Aktivierung des rechten posterioren Parietalkortex. Für den rechten inferioren parietalen Kortex ergab sich zudem eine signifikante Interaktion der Faktoren FEHLER und STIMULUS.

Diese Ergebnisse weisen auf eine spezifische Bedeutung der rechten Hemisphäre, insbesondere des rechten Parietalkortex bei der Verarbeitung räumlicher Aspekte komplexer Handlungen hin und bilden somit eine physiologische Grundlage für die klinisch beobachtbaren apraktischen Defizite bei Patienten mit rechtshemisphärischen Läsionen.