Aktuelle Neurologie 2005; 32 - V234
DOI: 10.1055/s-2005-919271

MRT-basiertes Hirnstamm-Mapping zur topodiagnostischen Bedeutung des Blinkreflex

J.J Marx 1, G.D Iannetti 1, F Thömke 1, S Fitzek 1, P Urban 1, P Stoeter 1, G Cruccu 1, M Dieterich 1, H.C Hopf 1
  • 1Mainz; Rom, I; Jena

Ziel der Untersuchung waren statistisch basierte Korrelationsanalysen zur bisher beim Menschen nur unvollständig validierten topodiagnostischen Bedeutung der verschiedenen Komponenten des Blinkreflex. Hierzu wurden über einen Zeitraum von 4 Jahren prospektiv 180 Patienten mit akutem, nach einem standardisierten Protokoll MR-tomographisch dokumentiertem Hirnstamminfarkt rekrutiert. Bei allen Patienten erfolgte eine Untersuchung des elektrisch evozierten Blinkreflex. Die individuellen Läsionen im MRT wurden normalisiert und für statistische Analysen in ein dreidimensionales Voxel-basiertes Modell des menschlichen Hirnstamm auf der Grundlage mehrerer topometrischer Atlanten importiert. 28% der Patienten zeigten einen Ausfall oder eine Verzögerung der R1-Komponente des Blinkreflex, 32% zeigten eine Pathologie der R2-Komponente. In den statistischen Korrelationsanalysen liess sich in der Gruppe der Patienten mit R1-Pathologie der vermutete Reflexverlauf vom trigeminalen Eintritt im Pons, dem Nucleus principalis nervi trigemini bis zur fazialen Efferenz darstellen. Ein Areal im dorsomedialen Pons kaudal des Nucleus principalis nervi trigemini zeigte sich mit höchster Signifikanz betroffen. Bei Patienten mit R2-Läsion stellte sich in den Korrelationsanalysen der afferente Reflexbogen vom Eintritt in den Pons über den Abstieg entlang des trigeminalen spinalen Komplex bis zur Höhe der unteren Olive und des kaudalen Pols des Nucleus hypoglossus dar. Beim efferenten Schädigungstyp zeigt sich ein Verlauf von der dorsolateralen Medulla oblongata bis zum Nucleus motorius nervi facialis. Ein Areal auf der Höhe der unteren Olive und des Austritts des 9. und 10. Hirnnerven zeigte sich mit höchster Signifikanz betroffen. Unterhalb des Nucleus hypoglossus fanden sich keine signifikant betroffenen Voxel mehr. Daneben erfolgten weiteren Mapping-Analysen zur topodiagnostischen Bedeutung verschiedener afferenter, efferenter und gekreuzter Schädigungsmuster der R2. Unsere Untersuchungen validieren den vermuteten Verlauf der R1-Komponente des Blinkreflex und unterstreichen deren hohen lokalisatorischen Wert für Pathologien des mittleren Pons. Auch der angenommene Verlauf des Reflexbogens der R2-Komponente liess sich weitgehend validieren, wobei die Analysen auf eine Verschaltung der R2-Komponente auf der Höhe der unteren Olive hindeuten. Daneben konnte die bisher nur unklar definierte kaudale Grenze des R2-Reflexbogens auf der Höhe des Nucleus hypoglossus lokalisiert werden.