Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P263
DOI: 10.1055/s-2005-919297

Entscheidungsdefizite bei Parkinsonpatienten und Spielsüchtigen im Vergleich

K Labudda 1, M Brand 1, E Kalbe 1, D Emmans 1, J Kessler 1, H.J Markowitsch 1
  • 1Bielefeld, Köln, Wolfach

Hintergrund: Sowohl Patienten mit Parkinson (PD) als auch solche mit Spielsucht (PG) weisen Entscheidungsdefizite bei einer Aufgabe mit expliziten Regeln (Würfelspielaufgabe, WSA) auf (Brand et al., 2004, 2005). Diese Entscheidungsdefizite korrelieren mit exekutiven Leistungen und mit der Verarbeitung von Gewinnen/Verlusten. Bislang ist jedoch nicht klar, inwieweit es Unterschiede hinsichtlich des Entscheidungsverhaltens bei PD- und PG-Patienten im Verlauf der Aufgabenbearbeitung gibt.

Methoden: Mit der WSA wurden 20 nicht-demente PD- und 25 PG-Patienten sowie zwei hinsichtlich Alter, Geschlecht und Bildung mit den Patientengruppen vergleichbare Kontrollgruppen untersucht. Die WSA, die aus 18 Durchgängen besteht, bietet verschiedene Wahlmöglichkeiten, die mit unterschiedlichen Gewinnen und Verlusten assoziiert sind. Zur Analyse des Entscheidungsverhaltens über die Aufgabendauer wurde die WSA in 3 Blöcke à 6 Durchgänge unterteilt.

Ergebnisse: In einer MANOVA mit Messwiederholung zeigt sich, dass das Bearbeitungsprofil von PD- und PG-Patienten bei der WSA signifikant unterschiedlich ist (p< .01). Die Einzelvergleiche ergeben, dass die PD-Gruppe im ersten Block signifikant häufiger die unvorteilhaften Alternativen wählt als die KG (p< .01) und die PG-Gruppe (p< .02). Das Setzen im ersten Block korreliert bei den PD-Patienten mit der Verarbeitung von Gewinnen/Verlusten (r=-.59, p< .01), nicht aber mit exekutiven Teilleistungen (Modified Card Sorting Test, richtige: r=-.09, p=.71). Hingegen korreliert das Setzen im ersten Block bei den PG-Patienten mit Exekutivleistungen (Modified Card Sorting Test, richtige: r=-.54, p< .01), jedoch nicht mit der Feedbackverarbeitung (r=-.17, p=.43).

Schlussfolgerung: PG-Patienten zeigen erst im Verlauf der Aufgabenbearbeitung Entscheidungsdefizite, während PD-Patienten bereits von Beginn an Einbußen aufweisen. Dieses Ergebnis, sowie der Befund, dass die Leistung im ersten Block der Aufgabe bei PD-Patienten mit der Verarbeitung von Rückmeldungen kovariiert und bei Spielsüchtigen mit exekutiven Leistungen, lassen annehmen, dass bei PD- und PG-Patienten funktionelle Änderungen im Bereich des dorsolateralen präfrontalen und des orbitofrontalen Cortex während verschiedener Phasen einer Entscheidungsaufgabe differenzielle Bedeutungen für das Entscheidungsverhalten haben.

Brand, M. (2004). Behav Neurol, 15, 77–85.

Brand, M. (2005). Psychiatry Res, 133, 91–99.