Bei der Manipulation von Objekten entstehen durch Gewichts- und Trägheitskräfte dynamische
Lasten, die von Gesunden durch präzise an den Lasterverlauf angepasste Griffkräfte
kompensiert werden. Kürzlich konnten wir zeigen, dass die antizipatorische Regelung
der Griffkraft bei einer chronisch deafferentierten Patientin (G.L.) massiv gestört
war, wenn diskrete Objektbewegungen ausgeführt wurden (1).
In der vorliegenden Studie wurden Griffkräfte und Lasten bei zwei chronisch deafferentierten
Patienten (G.L. und I.W.) während zyklischer Objektbewegungen registriert. Hierbei
wurden die Lasten durch unterschiedliche Objektmasse (0,4 und 0,6kg) und Bewegungsgeschwindigkeit
(0.8 und 1.2Hz) variiert.
Erwartungsgemäß modulierten gesunde Kontrollpersonen ihre Griffkraft parallel zu den
selbstgenerierten Lasten. Unterschiedliche masse- und frequenzabhängige Lastniveaus
wurden durch entsprechende Niveaus der Griffkraft antizipiert (lin. Regression r2. 0.7). Die Präzision der Modulation war dagegen vom Lastniveau weitgehend unabhängig
(Koeffizient der Kreuzkorrelation bei allen Bedingungen r. 0.8). Bei beiden Patienten
war eine, allerdings nur sehr grobe Anpassung des Griffkraftniveaus erhalten (r2=0.4), wobei die Werte deutlich überhöht waren (G.L.. 22 N, I.W.. 17 N, Ctrl. 12 N).
Eine Modulation der Griffkraft mit der Last war jedoch nur bei I.W. erkennbar (r.
0.7), während bei G.L. die Griffkraft weitgehend zufällig fluktuierte (r. 0.3).
Die Ergebnisse legen nahe, dass die Patienten indirekte Informationen über die Lasten
(z.B. via „sense of effort“) für die grobe Skalierung des Griffkraftniveaus verarbeiten
konnten. Für eine antizipatorische Modulation der Griffkraft durch ein „internes Modell“
scheint dagegen ein mindestens rudimentärer sensorischer Input notwendig zu sein,
der I.W. anders als G.L. möglicherweise über erhaltene Afferenzen im Nacken- und Schulterbereich
zugänglich war.