Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P358
DOI: 10.1055/s-2005-919392

De-Eskalationstherapie bei der Multiplen Sklerose, Anekdotische Erfahrungen aus einer MS-Schwerpunktpraxis

S Kreijenveld 1
  • 1Werl

Fragestellung: Die Eskalationstherapie der MS mit Mitoxantron kommt gemäß den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der MSTKG1 infrage, wenn mehr als 2 Schübe/Jahr auftreten oder aber der EDSS sich um 1 Punkt oder mehr pro Jahr verschlechtert, wie es aus zulassungsrelevanten Studien hervorgeht. Die Eskalationsbehandlung ist demnach hochaktiven Krankheits-Verläufen vorbehalten.

Empfehlungen für die anschließende Deeskalation fehlen in den Richtlinien der DGN. Auch wenn die verfügbaren Informationen nahe legen, dass nach Beendigung der Mitoxantron-Behandlung eine Rückführung in die Basistherapie sinnvoll erscheint. Wie diese durchgeführt werden soll bleibt unklar.

Methoden: Die Therapie mit Mitoxantron wurde bei 4 Patienten gemäß den Empfehlungen aus der MIMS2 mit 12mg/m2 in enger Kooperation mit einer onkologischen Praxis ambulant durchgeführt. Die Dosen wurden ggf. entsprechend und bei Bedarf den Werten des Nadirs angepasst. Die Rückführung in die Basistherapie (De-Eskalation) erfolgte individuell (Tab.1).

Ergebnisse: Der EDSS Mittelwert vor Therapiebeginn betrug 5,0 und unter Mitoxantron konnte eine EDSS Besserung von durchschnittlich 34% auf 3,3 erreicht werden, die bei den meisten Patienten in der späteren Deeskalation stabil gehalten werden konnte. Nur bei 1 Patienten gab es eine erneute Verschlechterung des EDSS.

Tab.1: Dargestellt ist die Basistherapie, Eskalation u. anschließende Deeskalation

Patient

Basistherapie vor Eskalation

Gesamtdosis Mitoxantron

Basistherapie in Deeskalation

Bemerkungen

1

Rebif®22

120mg/m2 (derzeit 144mg/m2)

Rebif®44 + Azathioprin 2mg/kgKG

Wegen EDSS-Zunahme Wiedereinsatz von Mitoxantron

2

Betaferon®

120mg/m2

Rebif®44

3

Rebif®44

120mg/m2

Rebif®44 + Azathioprin 2mg/kgKG

NAB + vor Eskalation

4

Rebif®22

60mg/m2

Rebif®44

Schlussfolgerung: Ziel einer immunsuppressiven Eskalationsbehandlung ist die Stabilisierung eines hoch aktiven Krankheitsprozesses. Nach erreichter Stabilität stellt sich die Frage, ob die Eskalation nun zu beenden ist, auch wenn die kumulative Lebendhöchstdosis von 140mg/m2 noch nicht erreicht ist. Ziel der nachfolgenden Behandlung (De-Eskalation) ist die Beibehaltung der unter Eskalation erreichten Stabilität. Für die Deeskalation fehlen nach wie vor eindeutige Empfehlungen, was auch durch die Heterogenität des Vorgehens bei den dargestellten Kasuistiken deutlich wird. Geleitet wird der Neurologe derzeit durch das Ansprechen auf die Basistherapie, die Bildung von NAB und durch die Basistherapien ausgelösten Nebenwirkungen vor der Eskalation.

Die Durchführung weiterer prospektiven Phase III Studien zu diesem umfassenden Thema wäre ebenso wünschenswert wie das retrospektive Erfassen und Aufbereiten des in vielen neurologischen Praxen und Kliniken zweifelsohne vorliegenden Datenmaterials.