Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P402
DOI: 10.1055/s-2005-919436

Polymyositis unter Therapie mit Interferon-alpha bei Melanom: paraneoplastische Erkrankung oder Komplikation der Therapie?

P Richter 1, A Steiner 1, R Bittner 1
  • 1Wien, A

Wir berichten über einen 58-jährigen Patienten mit Polymyositis, welche unter Therapie mit Interferon-alpha bei Melanom auftrat.

Zwei Jahre vor der Diagnose der Polymyositis wurde ein Melanom (Clark Level IV, Eindringtiefe nach Breslow 1,4mm) exzidiert; Hinweise auf Sekundaria ergaben sich nicht, es wurde eine Therapie mit Interferon-alpha mit 3 Mio I.E. 3x/Woche begonnen. Nach etwa zehn Monaten trat eine diffuse Schwäche der Skelettmuskulatur mit Betonung der Hals- und Nackenregion auf, was einen Abbruch der Behandlung nach zwölf Monaten veranlasste. Zu diesem Zeitpunkt war eine Erhöhung der Kreatinkinase bis über das Zweifache der oberen Normgrenze auffällig.

Der Patient suchte neun Monate später die neurologische Abteilung auf, die Muskelschwäche hatte nur eine minimale Rückbildungstendenz gezeigt, die Kreatinkinase war nach wie vor erhöht. Im EMG zeigte sich in mehreren Muskeln pathologische Spontanaktivität in Form von Fibrillationen und positiven scharfen Wellen, verfrühte Rekrutierung bei dichtem Interferenzmuster, in der MUAP-Analyse Potentiale von teils niedriger Amplitude und kurzer Dauer, somit der Befund mit Polymyositis vereinbar. In der Muskelbiopsie konnte der klinische Verdacht erhärtet werden: es bestand das Bild einer floriden myodegenerativen Läsion mit Gruppen von mononukleären Zellen zwischen den Muskelfasern und z.T. im Sarkoplasma, wobei zahlreiche primäre Muskeldystrophien aufgrund von Proteinexpressionsstudien weitgehend ausgeschlossen werden konnten. Daraufhin wurde eine Therapie mit Prednisolon mit 85mg/Tag (1mg/kgKG) begonnen, was wegen Erstmanifestation eines insulinpflichtigen Diabetes nach sechs Wochen auf letzlich 12,5mg/Tag reduziert werden musste. Wir konnten den Patienten bisher neun Monate nachbeobachten, wobei bereits vier Wochen nach Beginn der Kortison-Therapie die Kreatinkinase im Normbereich lag; die Muskelkraft besserte sich relevant und kontinuierlich ab dem dritten Behandlungsmonat. Im routinemäßigen Screening ergaben sich keine Hinweise auf Rezidiv oder Metastasierung des Melanoms.

Eine Assoziation von Polymyositis wie auch Dermatomyositis mit malignen Erkrankungen ist zwar bekannt, jedoch finden sich in der Literatur keine Hinweise auf Korrelation mit Melanom. Dagegen wurde das Auftreten von Polymyositis unter Therapie mit Interferon-alpha bei unterschiedlichen Grunderkrankungen in einzelnen Fällen publiziert. In dem von uns berichteten Fall könnte eine Komplikation der Therapie vorliegen.