Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P417
DOI: 10.1055/s-2005-919450

Intraindividueller parametrischer Vergleich von Schmerz-bezogenen Aktivierungen bei taktiler vs. nicht-taktiler Stimulation: eine fMRI-Studie

M Roehl 1, U Bingel 1, C Mohr 1, J Lorenz 1, C Büchel 1, C Helmchen 1
  • 1Lübeck, Hamburg

Hintergrund: Unsere bisherigen experimentellen Kenntnisse zur zentralen Schmerzverarbeitung beim Menschen stammen weitgehend entweder von schmerzhaften Kontaktreizen (Thermode) oder nicht-taktilen Schmerzreizen (Laser). Beide Reize haben sehr unterschiedliche physikalische Eigenschaften und der durch sie ausgelöste Schmerz wird unterschiedlich empfunden. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den durch beide Stimuli erzeugten Aktivierungen können daher nur im intraindividuellen Vergleich identifiziert werden.

Fragestellung: Wie unterscheiden sich die Kennlinien (Stimulus-Antwortkurven: Aktivität vs. Schmerzintensität) in denselben Hirnregion im intraindividuellen Vergleich beider Stimuli?

Methodik: Es wurden 14 rechtshändige männliche Probanden mit funktioneller MRT (3T Siemens TRIO) untersucht: a) mit Laser (YAG infrared laser; Neurolaser, BAASEL Lasertech, Germany) und b) mit thermischen Reizen (Thermode, TSAII, Medoc, Israel) an der linken Hand. Die Thermode (40°, 43°, 46°, 48.5°C für je 1 Sek.) wurde auf der ulnaren Handkante fixiert, die Laserreize (350, 450, 550, 650 mJ, für je 1 ms) wurden auf der restlichen dorsalen Handfläche mit wechselnder Lokalisation appliziert. Jeder Reiz wurde anschließend auf einer 4-Punkte Skala psychophysisch bewertet. Aus der psychophysischen Auswertung der Einzelprobanden wurden die Kontraste als Regressoren in einer ANOVA ausgewertet.

Ergebnisse: Ein gemeinsamer linearer Anstieg des BOLD-Signals mit zunehmender Schmerzintensität (second level conjunction analysis; p<0.001, corrected for multiple comparisons) fand sich im paramedianen Thalamus, primären somatosensorischen Cortex (SI), anterioren cingulären Cortex, in der anterioren Insula, Amygdala und den cerebellären Hemisphären. Signifikante Unterschiede (Interaktion-Analyse; p<0.05, corrected for multiple comparisons) mit einem linearen Schmerz-bezogenen Aktivitätsanstieg fanden sich bei Stimulation a) mit der Kontaktthermode in der SI, sekundären somatosensorischen Cortex (SII), posterioren Insel, im orbitofrontalen Cortex, Hippocampus, cerebellum, und dem periaquäduktale Grau; b) mit dem Laser im dorsolateralen präfrontalen Cortex.

Schlussfolgerung: Beide Reize führen zu einer weitgehend übereinstimmenden Aktivierung in zahlreichen Arealen innerhalb der cerebralen Schmerzmatrix. Die kombinierten taktil-nozizeptiven Komponenten der Thermodenreizung führen intraindividuell jedoch zu einem erheblich stärkeren Aktivitätsanstieg im SII und der posterioren Insel.