Fragestellung: Ein erweitertes Spektrum an Therapiemöglichkeiten würde sich für Epilepsiepatienten
ergeben, falls Anfälle frühzeitig prädiziert werden könnten. Ein vielversprechender
Ansatz hierzu bietet die Anwendung von Verfahren der multivariaten Zeitreihenanalyse
auf invasive EEG-Registrierungen, da mit der Generierung von Anfällen eine abnormale
neuronale Synchronisation von Neuronverbänden einhergeht. In dieser Studie wurde untersucht,
inwiefern die Prädiktionsleistung von der verwendeten Analysemethode, von der Lokalisation
der Elektrodenkontakte sowie von den einzelnen untersuchten Patienten abhängt.
Methoden: Die Basis der Studie bildeten invasive EEG-Registrierungen von 21 Patienten mit
jeweils 24 Stunden interiktaler Aktivität sowie jeweils 2–5 präiktalen Phasen pro
Patient. Für jeden Patienten wurden jeweils drei fokale Elektrodenkontakte, die früh
in iktale Aktivität involviert waren, sowie drei extra-fokale Elektrodenkontakte,
die nicht oder erst spät in iktale Aktivität einbezogen waren, analysiert. Die EEG-Daten
wurden mittels eines Phasensynchronisations- und eines Lagsynchronisations-Index analysiert.
Zur Bewertung der Prädiktionsleistung in Hinblick auf Sensitivität, Spezifität sowie
des zeitlichen Aspekts einer Prädiktion wurde das Konzept der „Seizure Prediction
Characteristic“ herangezogen. Die statistische Signifikanz der Prädiktionsleistung
wurde durch den Vergleich mit einer zufälligen Vorhersage evaluiert.
Ergebnisse: Für die Hälfte der untersuchten 21 Patienten konnte eine signifikant bessere Vorhersageleistung
im Vergleich zu einem Zufallsprädiktor gezeigt werden. Eine Evaluation räumlicher
Aspekte durch Analyse fokaler und extra-fokaler Elektrodenkontakte zeigte eine statistisch
signifikante Abhängigkeit. Kombinationen aus je einem fokalen und extra-fokalen Elektrodenkontakt
erzielten eine signifikant höhere Prädiktionsleistung als Kombinationen aus ausschließlich
fokalen bzw. extra-fokalen Kontakten für den Lagsynchronisations-Index (p<0.05).
Schlussfolgerungen: Diese Studie legt den Schluss nahe, dass Verfahren der multivariaten Zeitreihenanalyse
eine Detektion von präiktalen Veränderungen im EEG ermöglichen könnten. Jedoch hängt
die Prädiktionsleistung in großem Umfang von den einzelnen Patienten, der verwendeten
Analysemethode und mittels des EEGs analysierten Hirnregion ab. Die Variabilität der
Ergebnisse erfordert eine Ausweitung der Untersuchungen auf einen erweiterten EEG-Datenpool,
der eine Trennung in Lern- und Testdatensätze ermöglicht.