Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P547
DOI: 10.1055/s-2005-919578

Überprüfung einer mentalen Rotationsaufgabe zur Aktivierung der nicht-dominanten Hemisphäre mittels funktioneller transkranieller Dopplersonographie bei Gesunden

J Dorst 1, A Haag 1, S Knake 1, W.H Oertel 1, F Rosenow 1, H.M Hamer 1
  • 1Marburg

Fragestellung: Vor epilepsiechirurgischen Eingriffen an Patienten mit fokaler Epilepsie müssen eloquente Hirnareale identifiziert werden, sodass das Risiko für postoperative Leistungsdefizite abgeschätzt werden kann. Die sprachtragende Hemisphäre kann bereits nicht-invasiv zuverlässig durch Anwendung von funktioneller transkranieller Dopplersonographie (fTCD) identifiziert werden. Ziel dieser Studie ist es, ein Paradigma zu entwickeln, dass in ausreichendem Maße zur nicht-dominanten Hemisphäre lateralisiert.

Methoden: Bei 26 gesunden Rechtshändern (13 männl., 9 weibl.; Alter: 27,43±8,4 Jahre) zeigten 22 in der fTCD mit Wortgenerierungsparadigma eine linkshemisphärische Sprachdominanz. Mit diesen Probanden wurde eine mentale Rotationsaufgabe durchgeführt, bei der eine sogenannte Schlauchfigur von 2 Ansichten aus präsentiert wurde mit der Aufgabe, die Ansichten durch mentale Rotation zu identifizieren. Der Blutfluss wurde mittels fTCD der Aa. cerebri mediae beidseits kontinuierlich gemessen. Die Auswertung erfolgte mit der Software Average®. Aus den herzzyklus- und baselinekorrigierten Daten wurde ein Lateralitätsindex (LI) berechnet, definiert als Differenz zwischen dem mittleren relativen Blutflussanstieg links und rechts. Unter Berücksichtigung des 95%-Konfidenzintervalls über die zwanzig Versuchsdurchgänge wurde ein positiver LI als links-, ein negativer als rechtshemisphärische Lateralisierung eingestuft.

Ergebnisse: 15 der 22 Probanden (68%) zeigten für die Rotationsaufgabe eine rechtshemisphärische, 7 Probanden (27%) zeigten eine linkshemisphärische Dominanz und bei 5% konnte keine eindeutige Lateralisierung bestimmt werden. Die Anzahl korrekt beantworteter Items lag bei allen Probanden über der gegebenen Ratewahrscheinlichkeit von 20% (Anteil korrekter Antworten: 55%±12%). Es bestand keine signifikante Korrelation zwischen der Leistung im Schlauchfigurenversuch und der Höhe des Lateralitätsindex sowie zwischen den Lateralitätsindizes für Sprache und mentale Rotation.

Schlussfolgerungen: Bei über 2/3 der Probanden gelang mit dem Schlauchfigurenparadigma eine Lateralisierung zur nicht-dominanten Hemisphäre. Damit stellt diese mentale Rotationsaufgabe zur Zeit eines der besten Paradigmen zur Identifizierung der nicht-dominanten Hirnhemisphäre dar. Eine weiterführende Befragung der Probanden soll zeigen, inwieweit verbale Lösungsstrategien dafür verantwortlich sein könnten, dass ein Teil der Probanden zur dominanten Hemisphäre lateralisierte.