Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P562
DOI: 10.1055/s-2005-919593

Fronto-temporale Hirnfunktionen und Aufmerksamkeit bei Patienten mit schubförmiger MS (RRMS) – eine neuropsychologische Multicenter-Studie

H Schreiber 1, M Lang 1, T Fischer 1, W.E Hofmann 1, W Elias 1, G Reifschneider 1, B Bühler 1, M Freidel 1, R Tröger 1, M Palmbach 1, A Kornhuber 1, I.M De Winter 1
  • 1Ulm, Aschaffenburg, Hamburg, Frankfurt, Mannheim, Kaltenkirchen, Dresden, Ichenhausen

Ziel: Erfassung von fronto-temporalen Hirnfunktionen und Aufmerksamkeitsleistungen bei RRMS-Patienten im Vergleich zu Gesunden und deren Langzeitentwicklung unter verschiedenen Therapiebedingungen.

Methodik: Multicenter-Studie mit Querschnitts- (QS) und Längsschnittbeobachtung (LS) über 2 Jahre. Die QS umfasste 108 RRMS-Patienten (30m, 78w; mittl. Alter 35,7 Jahre (18–55); Mc Donald-Kriterien; Krankheitsverlauf <3 Jahre; EDSS 0–3.0;) und 29 gematchte Kontrollen (11m, 18w; mittl. Alter 33,5J.). Die LS umfasst folgende Behandlungsgruppen: Avonex (N=43), Copaxone (N=45), ohne Immunmodulation (N=20). Für die Baseline (QS) wurden erfasst: Neurostatus, EDSS, Clin. Global Impression (CGI), Amb. Index (AI), Funkt. Status (FS), Fatigue Severity Scale (FSS), Lebensqualität (EQ5d); Exekutive Funktionen: Regensburger Wortflüssigkeitstest (RWT), Ruff Figural Fluency Test (RFFT), Farbe-Wort-Interferenztest (FWIT), Visual Verbal Test (VVT); Arbeitsgedächtnis: Wechsler Memory Scale (WMS-R, ZS/BS), TAP Arbeitsgedächtnis (TAPag); Lernen/Gedächtnis: Recurring Figures Test (RFT, Kimura), verb. Lern- und Merkfähigkeitstest (VLMT), WMS-R, Subtest vis. Wiedergabe u. Textreproduktion; Aufmerksamkeit: TAP Alertness (TAPal), TAP Reaktionswechsel (TAPrw), TAP geteilte Aufmerksamkeit (TAPga), Paced Auditory Serial Addition Task (PASAT), Complex Figure Rey-Osterrieth (CFR)

Ergebnisse: In der Baseline (QS) schnitten die RRMS Patienten bei vergleichbarer Intelligenz in vielen Tests schlechter ab als die Kontrollen. Folgende Bereiche diskriminierten signifikant zwischen RRMS und gesund: Fluency, verbal (RWT, semantisch kategorial, Kategorienwechsel) und non-verbal (RFFT), Interferenzkontrolle (FWIT), verbales und non-verbales Arbeitsgedächtnis (WMS, ZS/BS), tonische und phasische Aufmerksamkeit (TAPal), geteilte Aufmerksamkeit (TAPga). Nicht diskriminativ waren: Konzeptbildung (VVT), einfaches Arbeitsgedächtnis (TAPag), nicht-verbale Recognition (RFT), verbales Lernen (VLMT), verbale und nicht-verbale Wiedergabe (WMS), visuelle Perception (CFR). In den Verhaltensparametern (Alter, IQ, Depressionsgrad, Geschlechterverteilung) ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen RRMS und Kontrollen, ebenso sind die LS-Untergruppen (COP, AV, non-treatment) in klin. Status, Verhaltens- und MRI Parametern vergleichbar.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse belegen eine Beeinträchtigung frontaler Hirnleistungen und bestimmter Aufmerksamkeitsfunktionen früh im Krankheitsverlauf der RRMS.