Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P573
DOI: 10.1055/s-2005-919604

Leflunomid moduliert neuroinflammatorische Effektorzellen unabhängig von seiner Pyrimidin-depletierenden Wirkung. – Eine neue Option für die orale Behandlung der Multiplen Sklerose?

T Korn 1, T Magnus 1, J Voss 1, W Schrempf 1, K Toyka 1, S Jung 1
  • 1Homburg; Baltimore, USA; Würzburg

Hintergrund: Leflunomid ist ein nicht-kompetitiver Inhibitor der de-novo-Pyrimidinsynthese, der erfolgreich zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird. Die Multiple Sklerose (MS) gilt, wie die rheumatoide Arthritis, als organspezifische Autoimmunerkrankung, die durch autoaggressive T Helfer 1 (Th1) Zellen angestoßen und unterhalten wird. Unterschiede in der Pathogenese der beiden Erkrankungen entstehen unter anderem aus dem jeweiligen lokalen Immun-Milieu, das im zentralen Nervensystem (ZNS) durch Mikrogliazellen geprägt wird.

Ziel und Methoden: In der vorliegenden Studie sollte die Effektivität und die Wirkungsweise von Leflunomid an Effektorzellen autoimmun entzündlicher Erkrankungen des ZNS untersucht werden. Die experimentelle autoimmune Enzephalomyelitis (EAE) in Lewis Ratten, die durch iv Transfer von Th1 Zellen mit Reaktivität gegen Myelin-basisches Protein (MBP) erzeugt wurde, diente als Modellerkrankung.

Ergebnisse: Die orale Behandlung mit Leflunomid für 7 Tage nach dem Transfer MBP-aktivierter enzephalitogener Th1 Zellen verhinderte das Auftreten klinischer Zeichen einer Enzephalitis nahezu vollständig, auch wenn den Tieren exogene Pyrimidin-Basen (Uridin) zugeführt wurden. In vitro führte die Leflunomid-Exposition während der Antigen-abhängigen Aktivierung MBP-spezifischer Th1 Zellen zu einer signifikant verminderten Sekretion von IFN-gamma, zu einer tendenziellen Steigerung der IL-10 Sekretion sowie zu einer deutlich verringerten chemotaktischen Motilität der Zellen. Diese Effekte waren durch die Zugabe von Uridin nicht reversibel. Nach Transfer Leflunomid-behandelter Th1 Blasten zeigte sich auch in vivo deren eingeschränkte Migrationsfähigkeit. Die derart vorbehandelten T Zellen waren weniger enzephalitogen. Mikrogliazellen exprimierten mehr co-stimulatorische Moleküle (CD86) und sezernierten mehr IL-10, wenn sie mit Leflunomid inkubiert wurden. In Co-Kultur-Experimenten resultierte daraus eine verstärkte Hemmung der Proliferation von Th1 Responder Zellen.

Schlussfolgerung: Leflunomid hemmt essentielle Effektorfunktionen autoaggressiver enzephalitogener Th1 Zellen und stärkt inhibitorische Eigenschaften von Mikrogliazellen. Unter der Bedingung externer Pyrimidinsubstitution wird eine Dissoziation der Leflunomid-Effekte erkennbar, d.h. Immunmodulation ohne direkte anti-proliferative Wirkung. Dies birgt die Möglichkeit einer effektiven und gleichzeitig nebenwirkungsarmen Behandlung Th1 getriebener chronischer Autoimmunerkrankungen.