Einleitung: Die Heterogenitätshypothese für die Pathophysiologie der Multiplen Sklerose (MS)
stützt sich vor allem auf klinische, histopathologische, neuroradiologische und liquorzytologische
Befunde. Dabei ist die genaue pathophysiologische und prognostische Rolle von B-Zellen
bei der MS weitgehend unbekannt. Durch fragmentierte monoklonale IgG Antikörper gegen
CD20 (anti-CD20-Fab') lassen sich B-Zellen spezifisch nachweisen. Mittels der intravenösen
Applikation eines durch das Radionuklid 111In markierten anti-CD20-Fab' soll der spezifische
qualitative und quantitative Nachweis von B-Zellen in Gadolinium-speichernden Gehirnläsionen
bei MS erbracht werden. Ziel der vorliegenden Studie ist es, erste Daten über Sicherheit
und Verträglichkeit der intravenösen Applikation von anti-111In-CD20-Fab' bei MS zu
sammeln.
Methode: Prospektive, kontrollierte, maskierte Pilotstudie. 15 ansonsten gesunde, erwachsene,
konsekutive Patienten mit schubförmiger, McDonald positiver MS, ohne immunmodulatorische
Therapie wurden nach ICH-GCP konformem Studienprotokoll mittels MRT auf Gadolinium
(Gd-) speichernde Läsionen mit einem Mindestdurchmesser von 7mm hin gescreent. Den
5 eingeschlossenen Patienten wurde gleichzeitig anti-111In-CD20-Fab' und als monoklonalen
Kontrollantikörper anti-99mTc-CEA-Fab' intravenös appliziert. 1 Stunde, 4 und 24 Stunden
nach Applikation wurde der cerebrale Nuklid-uptake durch quantitative Einzel-Photonen-Emmissions-Computertomographie
(SPECT) ermittelt. Der Beobachtungszeitraum für Sicherheit und Verträglichkeit betrug
zwei Tage (3 Halbwertzeiten). Zur Überwachung der Sicherheit und Verträglichkeit wurden
Vitalzeichen, Blutentnahmen, Schwangerschaftstest, EKG und körperliche neurologische
und internistische Untersuchungen durchgeführt. Eine mögliche quantitative Veränderung
CD20+ Zellen im Blut der Patienten wurde durch flusszytometrische Untersuchung kontrolliert.
Ergebnisse: CD20+ B-Zellen sinken nach Gabe von anti-111In-CD20-Fab' nicht signifikant ab. Ein
Patient berichtete kurz nach der intravenösen Applikation über unspezifischen Schwindel.
Vitalparameter, EKG, Laborparameter für Hämatologie, Hämostaseologie und klinische
Chemie blieben unverändert. Allergische Reaktionen traten nicht auf.
Diskussion: Anti-111In-CD20-Fab' zeigte bei einem kleinen Kollektiv von RR-MS Patienten keine
unerwünschten Wirkungen. Die Erhebung weiterer Sicherheits- und Verträglichkeitsdaten
erscheint angesichts dieser Ergebnisse ethisch gerechtfertigt.