Aktuelle Neurologie 2005; 32 - F817
DOI: 10.1055/s-2005-919712

Sicherheit und Verträglichkeit von anti-111In-CD20-Fab' zum Nachweis von B-Zellen in aktiven Gehirnläsionen bei Multipler Sklerose

A.T Ritter 1, B Tackenberg 1, M Behe 1, T.F Beyer 1, B von Hagen 1, K Schlegel 1, S Bien 1, W.H Oertel 1, T.M Behr 1, N Sommer 1
  • 1Marburg

Einleitung: Die Heterogenitätshypothese für die Pathophysiologie der Multiplen Sklerose (MS) stützt sich vor allem auf klinische, histopathologische, neuroradiologische und liquorzytologische Befunde. Dabei ist die genaue pathophysiologische und prognostische Rolle von B-Zellen bei der MS weitgehend unbekannt. Durch fragmentierte monoklonale IgG Antikörper gegen CD20 (anti-CD20-Fab') lassen sich B-Zellen spezifisch nachweisen. Mittels der intravenösen Applikation eines durch das Radionuklid 111In markierten anti-CD20-Fab' soll der spezifische qualitative und quantitative Nachweis von B-Zellen in Gadolinium-speichernden Gehirnläsionen bei MS erbracht werden. Ziel der vorliegenden Studie ist es, erste Daten über Sicherheit und Verträglichkeit der intravenösen Applikation von anti-111In-CD20-Fab' bei MS zu sammeln.

Methode: Prospektive, kontrollierte, maskierte Pilotstudie. 15 ansonsten gesunde, erwachsene, konsekutive Patienten mit schubförmiger, McDonald positiver MS, ohne immunmodulatorische Therapie wurden nach ICH-GCP konformem Studienprotokoll mittels MRT auf Gadolinium (Gd-) speichernde Läsionen mit einem Mindestdurchmesser von 7mm hin gescreent. Den 5 eingeschlossenen Patienten wurde gleichzeitig anti-111In-CD20-Fab' und als monoklonalen Kontrollantikörper anti-99mTc-CEA-Fab' intravenös appliziert. 1 Stunde, 4 und 24 Stunden nach Applikation wurde der cerebrale Nuklid-uptake durch quantitative Einzel-Photonen-Emmissions-Computertomographie (SPECT) ermittelt. Der Beobachtungszeitraum für Sicherheit und Verträglichkeit betrug zwei Tage (3 Halbwertzeiten). Zur Überwachung der Sicherheit und Verträglichkeit wurden Vitalzeichen, Blutentnahmen, Schwangerschaftstest, EKG und körperliche neurologische und internistische Untersuchungen durchgeführt. Eine mögliche quantitative Veränderung CD20+ Zellen im Blut der Patienten wurde durch flusszytometrische Untersuchung kontrolliert.

Ergebnisse: CD20+ B-Zellen sinken nach Gabe von anti-111In-CD20-Fab' nicht signifikant ab. Ein Patient berichtete kurz nach der intravenösen Applikation über unspezifischen Schwindel. Vitalparameter, EKG, Laborparameter für Hämatologie, Hämostaseologie und klinische Chemie blieben unverändert. Allergische Reaktionen traten nicht auf.

Diskussion: Anti-111In-CD20-Fab' zeigte bei einem kleinen Kollektiv von RR-MS Patienten keine unerwünschten Wirkungen. Die Erhebung weiterer Sicherheits- und Verträglichkeitsdaten erscheint angesichts dieser Ergebnisse ethisch gerechtfertigt.