Laryngorhinootologie 2006; 85(5): 354-360
DOI: 10.1055/s-2005-921201
Rechtsprechung
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Zur Kostenübernahme der stationären Hörsturzbehandlung: Was der Arzt vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung beachten sollte

Ausschnittsweise vorgetragen auf der 39. Fortbildungsveranstaltung für HNO-Ärzte am 27. 10. 2005 in MannheimBearing of Costs for In-patient Treatment of Sudden Deafness: What the Physician Should Know in the Light of the Actual JurisdictionO.  Michel1 , A.  Wienke2
  • 1Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde (Direktor: Prof. Dr. K. B. Hüttenbrink), Universität zu Köln, Köln
  • 2Wienke & Becker - Köln, WB-K Rechtsanwälte, Köln
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Publikationsverlauf

Eingegangen: 18. 6. 2005

Angenommen: 18. 11. 2005

Publikationsdatum:
20. Dezember 2005 (online)

Zusammenfassung

Die stationäre Behandlung des Hörsturzes ist nach den Leitlinien unter bestimmten Indikationen möglich. Selbst bei Einhaltung dieser Kriterien ist in der Vergangenheit wiederholt die Kostenübernahme von den privaten und gesetzlichen Krankenkassen abgelehnt worden. Die Begründung war, dass die Evidenz der Behandlung nicht gegeben sei oder dass die Hörsturzbehandlung generell ambulant erbracht werden könnte. Neueste Aussagen der Rechtsprechung widerlegen diese Argumentation. Ausschlaggebend ist danach die Entscheidung zur Aufnahme durch den Krankenhausarzt. Die Behandlung selbst könnte ungeachtet des Grades der Evidenz nicht im Nachhinein von der Kasse angezweifelt werden, solange sie allgemein anerkannt ist. Nur der Gemeinsame Bundesausschuss sei nach dem Sozialgesetzbuch berechtigt, im Krankenhausbereich bestimmte Leistungen aus dem Katalog der GKV auszuschließen. Die Hörsturzbehandlung gehöre nicht dazu. Eine Behandlungspflege muss allerdings dokumentiert sein und die Behandlung selbst erkennen lassen, dass sie nicht ambulant durchführbar war (z. B. Langzeitinfusionen, Überwachung bei möglichen Nebenwirkungen).

Abstract

In Germany, the in-patient treatment of sudden deafness is possible according to the indications given in the guide-lines of the Association of the Scientific Medical Societies. But public and private health insurances often reject bearing the costs later. Their arguments are that there is no rational justification for an in-patient treatment for lack of evidence and that any treatment could be done also on an out-patient basis. Hospitals sued these insurances and now judgements - particular of the Federal Supreme Court (FSC) - are published which strenghen the legitimacy of an in-patient treatment under certain circumstances. According to the law suits, the hospital doctor is mainly responsible for the indication of the hospitalization. Also the FSC stressed that the chosen treatment in the hospital can not be questioned retrospectively by the insurance company as long as it is within good medical practise (see guide lines). The grade of evidence is not the decisive factor. The only institution, which can exclude treatments from being practised in a hospital, according to the German Social Security Code, is the Federal Joint Committee Hospital. The treatment protocol itself must reveal the necessity of hospitalization (need for surveillance, side effects etc.).

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Prof. Dr. med. O. Michel

Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde · Universität zu Köln ·

50924 Köln

eMail: Michel@uni-koeln.de

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