Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A10
DOI: 10.1055/s-2006-934230

Die Terroranschläge in London am 7.7.2005–Psychologische Reaktionen der professionellen Helfer

H Berth 1, W Meyer 2, A Dinkel 3, F Balck 3
  • 1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinische Psychologie, Dresden
  • 2Queen Mary University of London, St. Bartholomew's and the Royal London School of Medicine, London, UK
  • 3Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Dresden

Am 7.7.2005 fanden in London vier terroristische Bombenattentate auf U-Bahnen statt. 56 Menschen starben, mehr als 700 wurden verletzt. Die Studie verfolgt das Ziel, die psychologischen Konsequenzen dieser Attentate bei den in London zur Rettung von Verletzten eingesetzten Notärzten und Rettungsassistenten zu untersuchen.

N=15 Ärzte und N=5 Rettungssanitäter (MW Alter 38,1 Jahre, N=5 weiblich) wurden acht bis 25 Tage nach den Anschlägen (MW 14,7 Tage) telefonisch mittels eines modifizierten Gottschalk-Gläser-Interviews befragt. Die Texte wurden transkribiert und computergestützt unter Verwendung der Software PCAD 2000 nach der Gottschalk-Gläser-Methode auswertet. Die Scores in den verschiedenen Skalen wurden mit Normwerten und den Daten einer früheren Studie, die Notärzte nach präklinischen Reanimationen untersuchte, verglichen. Es zeigten sich bei je über 50% der Notärzte deutlich erhöhte Werte in den Angstskalen, den Aggressivitätsskalen, der Skala Somatische Beschwerden und der Gesundheits-Krankheitsskala. Die Lebensqualität war bei 45% der Befragten eingeschränkt. Eine multiple Regression erbrachte keine signifikante Prädiktoren für das erhöhte Beschwerdenniveau.

Die Studie zeigt zusammenfassend eine hohe Belastung bei den professionellen Helfern, die unabhängig ist von Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Religion, Partnerschaft oder Berufserfahrung. Die psychischen Folgen von Terrorattacken sind auch bei Notärzten und Rettungssanitätern, die tagtäglich mit Toten und Schwerstverletzten Umgang haben, deutlich ausgeprägt und unterstreichen die Notwendigkeit spezieller Unterstützungsangebote für diese Berufsgruppe.