Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A36
DOI: 10.1055/s-2006-934256

Organspende in Deutschland: Wissen und Einstellungen – Ergebnisse einer Pilotbefragung in der Bevölkerung

G Greif-Higer 1, F Schneider 1, G Otto 2, ME Beutel 3
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Mainz
  • 2Abteilung für Transplantationschirurgie Universitätsklinik Mainz, Mainz
  • 3Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinik Mainz, Mainz

Obwohl die Transplantationsmedizin inzwischen auf große Erfolge blicken kann, mit dem Transplantationsgesetz 1997 die Bedingungen der Organspende präzisiert und festgelegt wurden und in großem Umfang Informationen an den Bürger herangebracht wurden, stagnieren in Deutschland die Organspenden und sind seit 2004 sogar leicht rückläufig.

Im Rahmen des Wissenschaftsmarktes im September 2005 in Mainz wurde eine Befragung zum Thema Organspende als Pilotuntersuchung durchgeführt.

Methodik: Für die Befragung wurde ein strukturiertes Interview entwickelt. Anhand von 2 Fall-Vignetten wurden Themenbereiche untersucht, deren Bedeutung für die Organspende anzunehmen ist, insbesondere die Entscheidung einen Organspendeausweis auszufüllen, der Problematik des Hirntodes, der Prozess der Organentnahme, das Weiterleben von Organen u.a..

Das Interview dauerte ca. 15 Minuten.

Untersuchungspopulation: 85 Besucher des Wissenschaftsmarktes zwischen 15 und 82 Jahren nahmen an der Untersuchung teil. Erstaunlicherweise war es nicht schwierig Teilnehmer zur Mitarbeit zu motivieren, es ergab sich der Eindruck eines großen Bedürfnisses über Organspende zu sprechen.

Ergebnisse: Alle waren über die Organspende und ihren Zweck informiert. 83,5% hatten eine positive Einstellung zur Organspende, aber nur 25% gaben an einen Organspendeausweis zu haben.

Die differenzierte Untersuchung zeigte eine Fülle von Wissensdefiziten, insbesondere zur Unterscheidung von Hirntod und Koma, zur Prozedur der Organentnahme und -verteilung, die zu Fehlinterpretationen führten. Darüberhinaus kamen vielfältige emotionale Konfliktthemen zur Darstellung, wie die Auseinandersetzung mit dem Sterbeprozess und dem Tod, die Grenzüberschreitung der Körperlichkeit durch den Spendeprozess und eine misstrauische Haltung gegenüber Ärzten und Krankenhäusern und deren Interessenlagen.

Die Befunde wurden inzwischen durch eine repräsentative Bevölkerungsbefragung überprüft.

Die Ergebnisse und Überlegungen zur Überwindung der Probleme werden diskutiert.