Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A79
DOI: 10.1055/s-2006-934299

Die Arzthelferin und der schwierige Patient. Eine qualitative Studie zu mentalen Konstrukten bei Arzthelferinnen über schwierige Patienten in der Hausarztpraxis

M Rothe 1, G Benedikt 1, R Schäfert 1, S Wilke 1, P Henningsen 2, N Sauer 1, J Szecsenyi 3, S Zipfel 4, W Herzog 1
  • 1Klinik für Psychosomatische und Allgemeine Klinische Medizin, Heidelberg
  • 2Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Klinikum rechts der Isar, TU München, München
  • 3Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg
  • 4Universitätsklinikum Tübingen, Medizinische Klinik VI, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen

Fragestellung: Die Arzthelferin stellt für den Patienten die erste Anlaufstelle dar. Dennoch existieren im deutschsprachigen Raum bisher keine systematischen Untersuchungen über die Arzthelferin-Patient-Kommunikation. In Aus- und Fortbildung spielen Techniken der Gesprächsführung eine untergeordnete Rolle. Im Projekt „FUNKTIONAL“ (1,2) stellte sich die Frage nach mentalen Konstrukten der Arzthelferin für schwierige Patienten und die resultierenden Konzepte und Strategien. Darauf aufbauend wird eine spezielle Schulung für Arzthelferinnen zum Thema „Umgang mit schwierigen Patienten“ entwickelt.

Methodik: Mit 20 Arzthelferinnen aus Allgemeinarztpraxen im Landkreis Schwäbisch Hall wurde ein halbstrukturiertes qualitatives Interview geführt und nach den Richtlinien der qualitativen Inhaltsanalyse mit Atlas.ti ausgewertet.

Ergebnisse: Bei der Auswertung zeichnet sich ab, dass für die Arzthelferinnen viele Facetten eines schwierigen Patienten existieren. Eine Sonderstellung nehmen dabei Patienten mit psychischen Erkrankungen ein, der Umgang mit diesen Menschen geht häufig mit Unbehagen oder Angst einher. Der Begriff einer „psychosomatischen Erkrankung“ wird häufig gleichgesetzt mit Depressionen oder Psychosen. Die eigenen Strategien im Umgang mit den als schwierig beurteilten Patienten werden von den Befragten meist als unzureichend angesehen.

Diskussion: Die Ergebnisse dieser Untersuchung weisen darauf hin, dass die Ausbildung im Bereich der Gesprächsführung für Arzthelferinnen im Umgang mit o.g. Patienten nicht ausreicht. Insbesondere bei Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen kommt es häufig zu Fehleinschätzungen und Konfliktsituationen. Der überwiegende Teil der Befragten weiß um den Mangel an Hintergrundwissen und Handlungsstrategien. Deshalb erscheint die Entwicklung einer Fortbildung sinnvoll, die Techniken der Gesprächsführung vermittelt und insbesondere den Bereich der psychischen und psychosomatischen Erkrankungen fokussiert.