Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A82
DOI: 10.1055/s-2006-934302

Bindungsrepräsentanzen von Psychotherapeuten und ihr Einfluss auf therapeutischen Stil und Therapieergebnis

H Schauenburg 1, J Untiedt 2, F Leichsenring 3, U Streeck 3, U Dinger 1
  • 1Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapie, Universität Göttingen, Göttingen
  • 2Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Universität Göttingen, Göttingen
  • 3Niedersächsisches Landeskrankenhaus Tiefenbrunn, Rosdorf

Hintergrund: In der Göttinger Psychotherapeutenstudie (GTS) werden Zusammenhänge von Therapeutenbindungsrepräsentanzen mit Prozess- und Ergebnisparametern der von ihnen durchgeführten stationären Psychotherapien untersucht. Berichtet werden hier Zusammenhänge von therapeutischen Haltungen und Idealen bzw. dem Selbsterleben in Therapien einerseits und fremdbeurteilten Bindungsrepräsentanzen andererseits, weiterhin Korrelationen dieser Parameter mit einzelnen Therapieergebnismaßen. Methodik: Untersucht wurden N=31 psychodynamisch orientierte Einzeltherapeuten die N=1513 stationäre Psychotherapiepatienten behandelt haben. Bindungsrepräsentanzen wurden anhand von transkribierten und anonymisierten Interviews mit dem Erwachsenenbindungs-Prototypenrating (EBPR, Strauß, Lobo, Pilkonis, 1999) eingeschätzt, therapeutische Haltungen etc. wurden mit dem DPCCQ (z.B. Orlinsky & Ronnestad 2005) erfasst. Patienten füllten vor und nach der Therapie standardisierte Fragebögen zu ihrer Symptomatik (SCL–90-R) aus und schätzten außerdem retrospektiv mit dem HAQ die Qualität der einzeltherapeutischen Beziehung ein. Ergebnisse: Bei leichtem Überwiegen unsicherer Bindungsrepräsentanzen (17 von 31 Therapeuten sind unsicher gebunden) zeigt sich, dass unsichere Bindung in dieser Stichprobe psychodynamischer Psychotherapeuten mit größerer Offenheit gegenüber nichtanalytischen Konzepten einhergeht. Unsicher gebundene Therapeuten legen mehr Wert auf Symptomlinderung und greifbare Verhaltensänderungen, sicher gebundene auf Selbstreflexion. Wir fanden zudem erwartungskonforme Zusammenhänge von einzelnen Bindungsprototypen und Therapiehaltungen (z.B. weniger zugewandte Haltung mit forciert autonomen, d.h. vermeidenden, Zügen oder ein Trend zu fürsorglicherem Verhalten bei übersteigert abhängigen, d.h. eher verstrickten Therapeuten). Diskussion: Bindungsrepräsentanzen von Psychotherapeuten beeinflussen spezifisch deren psychotherapeutische Haltungen und Zielvorstellungen.