Zusammenfassung
Die Patienten sind in 4 Gruppen aufzugliedern, und zwar in die der somatisch Kranken,
in die der psycho-somatisch Kranken, die der Kranken mit larvierten Depressionen und
die der psychopathischen (besser persönlichkeitsgestörten) Patienten. Die Gruppe 1
benötigt keine Psychoanamne-se, während die 2. und 3. Gruppe die für eine Aufnahme
der Psychoanamnese dankbarsten Fälle enthält. Besonders schwierig ist die Erhebung
der Psychoanamnese bei den Patienten der Gruppe 4; aber auch hier sind die Resultate
recht gut. Die Psychoanamnese hat in der heutigen klinischen Medizin einen hohen Stellenwert,
wird aber z.T. wegen eigener Unzulänglichkeit und Zeitnot zu wenig ausgeübt. Die hauptsächliche
Bedeutung der Psychoanamnese in der klinischen Medizin liegt darin, daß der beratende
Arzt durch eine Steuerung des Gesprächs eine umfassende Exploration und offene Selbstdarstellung
des Patienten erreicht. Besonders dadurch, daß er viele nicht mehr in seinem Bewußtsein
vorhandenen Fakten neu erlebt, erkennt der Patient leichter die Zusammenhänge zwischen
seinen Erlebnissen und seinen psychischen Reaktionen, aber auch, und das ist vor allem
anderen wichtig, die engen Beziehungen zwischen Psyche und Soma. In der Homöopathie
hat die Psychoanamnese eine noch größere Bedeutung als in der klinischen Medizin.
Denn neben der Aufdeckung der Beziehungen Erlebnis: psychische Reaktion: somatische
Erkrankung spielt der Arzt eine vorherrschende Rolle. Er soll nicht nur den Patienten
steuern, sondern durch die Psychoanamnese Informationen gewinnen, um mit ziemlicher
Sicherheit das betreffende Simile zu finden. Nur durch die Psychoanamnese können viele
Krankheitsbilder geklärt und die betreffenden Persönlichkeiten einwandfrei erkannt
werden, weshalb diese Methode gerade in der Homöopathie eine vorrangige Stellung einnimmt.