Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2006-940303
Wirklich Tumor? Tumorähnliche Läsionen des Gehirns
Die Diagnose eines hirneigenen Tumors oder einer zerebralen Metastase ist radiologisch nicht immer eindeutig. Differentialdiagnostisch können eine ganze Reihe verschiedener Läsionen des Gehirns ein tumorähnliches Erscheinungsbild aufweisen und so nicht selten für Verwirrung sorgen: Hirninfarkte können selbst im MR einen hirneigenen Tumor simulieren. Auch intrazerebrale Blutungen können abhängig vom Resorptionsstadium der Blutung im MR ein heterogenes Erscheinungsbild aufweisen und beim schnellen Hinsehen einen Tumor vortäuschen. Tumorähnliche Demyelinisierungsareale, z.B. im Rahmen einer ADEM, sind als „tumefactive MS“ in der Literatur gut dokumentiert. Aber auch seltenere entzündliche Erkrankungen wie eine Cerebritis/Cerebellitis, Langerhanszell-Histiozytose, Pachymeningitis oder ein Neuro-Behcet können ein tumorähnliches Erscheinungsbild aufweisen. Neben laborchemischen Parametern kann die MR-Spektroskopie in der differentialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber Hirntumoren hilfreich sein. Wertvoll ist die MR-Spektroskopie auch bei Abszessen, die eher häufig tumorähnlich imponieren und im diffusionsgewichteten MRT typischerweise ein helles Signal aufweisen. Die Schwierigkeiten der radiologischen Differenzierung einer Strahlennekrose von einem Glioblastom sind bekannt. Auch die hypertensive Enzephalopathie kann sich mit einem tumorähnlichen MR-Erscheinungsbild manifestieren. An vaskulären Veränderungen können selten Aneurysmen oder AV-Malformationen Tumoren vortäuschen. Kavernome können durchaus ein heterogenes MR-Erscheinungsbild aufweisen und als sog. Riesen-Kavernom stattliche Ausmaße annehmen. Perivaskuläre Räume (Virchow-Robin-Räume) – eigentlich ein Normalbefund – können sehr selten expansiv wachsen, dadurch tumorähnlich aussehen und je nach Lokalisation (z.B. neben dem 3. Ventrikel) zu einem Hydrozephalus und damit zur klinischen Symptomatik führen. Als illustre Rarität in den tumorsimulierenden Läsionen sei noch das sog.„Textilom“ genannt, eine Fremdkörperreaktion auf z.B. intraoperativ zurückbelassene (vergessene) Materialien (Kompressen, Schwämmchen zur Blutstillung, etc.), die abhängig von ihrer Größe im MRT ein beeindruckendes Erscheinungsbild aufweisen können.
Lernziele:
-
Kenntnis tumorsimulierender Läsionen des Gehirns
-
MR-Spektroskopie, DWI, PWI in der Differentialdiagnostik der Hirntumoren
-
Training Mustererkennung
Korrespondierender Autor: Dörfler A
Universitätsklinikum Erlangen, Abteilung für Neuroradiologie, Schwabachanlage 6, 91054 Erlangen
E-Mail: a.doerfler@nrad.imed.uni-erlangen.de