Rofo 2006; 178 - VO_228_2
DOI: 10.1055/s-2006-940724

Perzeption und Produktion bei der Bestimmung der Sprachlateralisierung mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRT)

AC Kühn 1, M Hund-Georgiadis 1, YD von Cramon 1
  • 1Universität Leipzig, Diagnostische Radiologie, Leipzig

Ziele: Die Bestimmung der sprachlichen Hemisphärendominanz ermöglicht die Abschätzung des Risikos neurochirurgischer Eingriffe hinsichtlich zu erwartender postoperativer Sprachdefizite. Die fMRT stellt ein nicht invasives Verfahren zur Bestimmung der Sprachdominanz sowie sprachrelevanter Cortexareale dar und ist geeignet, den Wada-Test als hoch invasives und risikobehaftetes Verfahren abzulösen. In dieser Arbeit werden Charakteristika verwendeter Aufgabendesigns sowie Möglichkeiten der Bestimmung der Lateralisierung an Hand perzeptiver und produktiver (semantische Klassifizierung nach Ambiguität, Satzlesen, Satzgenerierung) Paradigmen untersucht. Methode: 30 gesunde rechts- und linkshändige Probanden wurden an einem Bruker Medspec 30/100 (3T) unter Verwendung eines event related Design mit pseudorandomisierter visueller Wortpräsentation untersucht. Eine perzeptive (semantische Kategorisierung nach Ambiguität) und eine produktiv-perzeptive Aufgabe (Satzgenerierung/Satzlesen) wurden in einem event related Design durchgeführt. Das Material beider Aktivierungsaufgaben wurde nach semantischen Kriterien differenziert und gegen zwei Referenzbedingungen kontrolliert. Die Lateralitätsindices in frontalen und temporalen Regionen wurden mit zwei unterschiedlichen Verfahren (ausdehnungs- bzw. intensitätsbasiert) verglichen. Ergebnis: In beiden Teilaufgaben konnten unter Subtraktion einer visuell-strukturellen Referenzaufgabe klar lateralisierte sprachassoziierte Aktivierungen im medialen und lateralen präfrontalen sowie im temporalen Cortex beobachtet werden. Die Aktivierungscluster wurden zur Bestimmung von Lateralitätsindices herangezogen, wobei die Bestimmung der mittleren Aktivierungsstärke in definierten Räumen bei gleicher Lateralisierung im Mittel niedrigere Indices als bei der Untersuchung der räumlichen Ausdehnung der Aktivierungen ergab. Während der Satzgenerierung aufgetretene Aktivierungen zeigten im frontalen Cortex eine stärkere Lateralisierung, im temporalen Cortex dagegen eine der perzeptiven Aufgabe vergleichbare Aktivierung. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse belegen für die untersuchten inferior-frontalen und temporalen Cortexregionen die Eignung des produktiven Paradigmas zur nichtinvasiven Bestimmung der sprachlichen Hemisphärendominanz und die Relevanz der gezielten Aufgabensubtraktion. Komplexere strukturelle Charakteristika des Wortmaterials (Ambuität, Objekte) ermöglichen dabei eine inherent stärkere Aktivierung.

Korrespondierender Autor: Kühn AC

Universität Leipzig, Diagnostische Radiologie, Liebigstr.20, 04103 Leipzig

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