Rofo 2006; 178 - WI_PO_67
DOI: 10.1055/s-2006-941119

Brustkrebs-Früherkennung: Strahlenrisiko infolge von Mammographie-Untersuchungen für Frauen unter 50 Jahren

EA Nekolla 1, G Brix 1, J Griebel 1
  • 1Bundesamt für Strahlenschutz, Medizinische Strahlenhygiene und Dosimetrie, Neuherberg

Ziele: Bei dem in Deutschland beschlossenen Mammographie-Screeningprogramm wird stufenweise ein Screening auf Basis der Europäischen Leitlinien eingeführt. Dabei ist die Zielgruppe eindeutig definiert: alle asymptomatischen Frauen zwischen dem 51. und 70. Lebensjahr. In der vorliegenden Untersuchung wurde der Frage nachgegangen, ob aus strahlenhygienischer Sicht Brustkrebs-Früherkennungsmaßnahmen mittels Röntgen-Mammographie auch für Frauen unter 50 Jahren zu rechtfertigen sind. Methode: Auf der Basis der aktuellen strahlenepidemiologischen Studien zu Brustkrebs („Life Span Study“ der Atombombenüberlebenden und Studien, bei denen Frauen aus medizinisch-diagnostischen oder medizinisch-therapeutischen Gründen strahlenexponiert wurden) wurden Werte für das zusätzliche Lebenszeitrisiko einer 45-jährigen und einer 40-jährigen Frau ermittelt, die bis zum 70. Lebensjahr Screening-Mammographien erhalten würde (bis 50 im jährlichen, ab 50 im zweijährlichen Abstand). Für die Abschätzung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses wurde von einer Reduktion der Brustkrebsmortalität von 25% infolge des Mammographie-Screenings ausgegangen. Ergebnis: Bei Annahme eines Screenings ab 45 Jahren (5 zusätzliche Mammographie-Untersuchungen) verdoppelt sich nahezu das zusätzliche Lebenszeitrisiko, an Brustkrebs zu erkranken, im Vergleich zur Annahme eines Screenings ab 50 Jahren. Werden Screening-Mammographien bereits ab 40 Jahren durchgeführt (zehn zusätzliche Mammographie-Untersuchungen), so verdreifacht sich im Mittel das zusätzliche Lebenszeitrisiko für Brustkrebs im Vergleich zur Annahme eines Screenings ab 50 Jahren. Für das Nutzen-Risiko-Verhältnis (=Verhältnis der „geretteten“ Leben zu den theoretisch strahlenbedingten zusätzlichen Brustkrebstodesfällen) ergeben sich – abhängig vom Risikomodell – Werte zwischen 10 und 86 (Screening ab 45) bzw. zwischen 7 und 47 (Screening ab 40 Jahren). Schlussfolgerung: Brustkrebs-Früherkennungsmaßnahmen mittels Röntgen-Mammographie für Frauen unter 50 Jahren sind – wenn überhaupt – nur im Rahmen eines etablierten Mammographie-Screeningprogramms zu rechtfertigen. Für Frauen ab 40 Jahren erscheint es bei der derzeitigen Datenlage – sowohl zum Nutzen als auch zum Strahlenrisiko – nicht gerechtfertigt, sie in das Screening einzubeziehen. Bei Frauen ab 45 Jahren sollte die Teilnahme am Screening frühestens dann erneut erwogen werden, wenn das in Deutschland beschlossene Mammographie-Screeningprogramm vollständig implementiert und etabliert ist.

Korrespondierender Autor: Nekolla EA

Bundesamt für Strahlenschutz, Medizinische Strahlenhygiene und Dosimetrie, Ingolstädter Landstraße 1, 85764 Neuherberg

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