Rofo 2006; 178 - WI_PO_87
DOI: 10.1055/s-2006-941139

Tinnitus-spezifische Aktivierungen untersucht mit fMRI

AP Wunderlich 1, C Schönfeldt-Lecuona 1, K Liener 1, E Bachor 2, W Freund 1
  • 1Univ.-Klinik Ulm, Röntgendiagnostik, Ulm
  • 2Suhl

Ziele: Die mit der Empfindung von Tinnitus zusammenhängenden zerebralen Prozesse wurden mit einer Tonhöhenunterscheidungsaufgabe bei Tinnituspatienten und altersähnlichen gesunden Probanden untersucht. Methode: Siebzehn Tinnituspatienten und neun gesunde, normalhörige Probanden wurden mittels fMRI untersucht. Töne bei 3 kHz und 2% über bzw. unter dieser Frequenz wurden mit einer Dauer von 50 ms 5mal in der Sekunde eingespielt. Jede Frequenz war 32s lang zu hören, teilweise unterbrochen von 32s-Ruhephasen, wobei die Reihenfolge pseudorandomisiert war. Durch die Anweisung, Tonhöhenunterschiede zu erkennen, wurde die Aufmerksamkeit auf die Töne gelenkt. Mittels einer Single-Shot EPI-Sequenz mit den Parametern TE/TA 66/4000 ms nahmen wir 37 Schichten auf, die das ganze Hirn abdeckten.

Die Auswertung erfolgte in SPM 99. Alle Tonhöhen wurden für jede Person gegen Ruhe kontrastiert, ebenso der kombinierte Kontrast alle Tonhöhen gegen Ruhe. Eine Gruppenanalyse erfolgte sowohl für die Darstellung der Aktivierungen jeder Gruppe als auch der Unterschiede zwischen den Gruppen. Ergebnis: Personen beider Gruppen zeigten Aktivierung zum einen im sekundären auditorischen Kortex, Brodmann Areal (BA) 22, zum anderen rechts präfrontal und links parietal, BA 6 und 3. Dabei war bei Kontrollprobanden die präfrontale Aktivierung weniger ausgeprägt als bei Patienten, sowohl beim Vergleich von Einzelpersonen als auch in der Gruppenanalyse. Die Analyse der Unterschiede zwischen den Gruppen zeigte, dass subkortikale Areale korrespondierend zum Nucleus Caudatus bei Patienten stärker aktivierten als in der Kontrollgruppe. Der umgekehrte Kontrast ließ höhere Aktivierungen der Kontrollgruppe als bei Patienten in zwei linkshemisphärischen Regionen erkennen: eine parietale Region, BA 3 bzw. primärer sensorischer Kortex, und dem fusiformen Gyrus BA 19, der mit Unterscheidungsaufgaben und furcht-spezifischer Aktivierung in Verbindung gebracht wird. Schlussfolgerung: Durch die Stimulation mit kurzen Einzeltönen verschiedener Frequenzen und der Anweisung, Tonhöhenunterschiede zu erkennen, wurden in Einzelpersonen und Gruppen kortikale Areale außer dem sekundären auditorischen Kortex aktiviert. Außerdem wurden Unterschiede der Aktivierungsmuster zwischen Kontrollgruppe und Tinnitus-Patienten gefunden. Diese Ergebnisse deuten daraufhin, dass die in der Wahrnehmung von Tönen involvierten neuronalen Netzwerken bei Tinnitus-Patienten und Kontrollpersonen unterschiedliche Verarbeitungsmodi aufweisen.

Korrespondierender Autor: Wunderlich AP

Univ.-Klinik Ulm, Röntgendiagnostik, Robert-Koch-Str. 8, 89070 Ulm

E-Mail: arthur.wunderlich@uni-ulm.de