Rofo 2006; 178 - WI_PO_88
DOI: 10.1055/s-2006-941140

Unterschiede in der Dosisbelastung verschiedener Bevölkerungsgruppen durch die Röntgendiagnostik: Eine Pilotstudie bei Patienten mit einem Pankreastumor

G Brix 1, S Nissen-Meyer 2, U Lechel 1, C Becker 2, J Griebel 1, EA Nekolla 1, M Reiser 2
  • 1Bundesamt für Strahlenschutz, Medizinische Strahlenhygiene und Dosimetrie, Neuherberg
  • 2München

Ziele: Bei der Bewertung der aus Röntgenanwendungen resultierenden Strahlenexposition der Bevölkerung stellt die unterschiedliche Dosisbelastung verschiedener Personengruppen einen wichtigen Aspekt dar. So werden z.B. Krebspatienten häufig geröntgt, haben aber oft eine verkürzte Lebenserwartung. Ziel der Studie war es, diesen Aspekt für Patienten mit einem Pankreaskarzinom zu quantifizieren. Methode: Hierzu wurden für alle Patienten, die zwischen 2000 und 2004 am Klinikum der LMU Großhadern wegen eines Pankreaskarzinoms untersucht wurden, folgende Größen aus dem KIS/RIS ermittelt: Patientennummer, Alter, Datum der Zuweisung des ICD-Codes „C25“ sowie für jede durchgeführte diagnostische und interventionelle Röntgenanwendung das Datum und die Aufnahmeparameter. Aus diesen Daten wurden die effektive Dosis pro Anwendung und die mittlere Dosis pro Jahr und Patient ermittelt. Zusätzlich wurde für diejenigen Patienten, denen zwischen April und Dezember 2000 der Code „C25“ zugewiesen wurde, die Gesamtbeobachtungszeit und die kumulative Dosis berechnet. Hierbei wurden Untersuchungen, die 3 Monate vor der Diagnosestellung durchgeführt wurden, ebenfalls berücksichtigt. Ergebnis: Insgesamt wurden 162 unterschiedliche Untersuchungsarten durchgeführt, für die die jeweilige effektive Dosis abgeschätzt wurde. Zwischen 2000 und 2004 wurden im Mittel 188 Patienten pro Jahr geröntgt, wobei die mittlere Jahresdosis bei 40,8 mSv lag. Im Jahr 2000 wurde bei 106 Patienten (Alter: 62,9 Jahre) erstmals die Diagnose „C25“ gestellt. Für diese Patienten wurde eine mittlere (mediane) Beobachtungszeit von 348 (189) Tagen und eine kumulative Dosis von 67 mSv (49,7 mSv) ermittelt. Bei einer Inzidenz von 13.500 Fällen pro Jahr ergibt sich aus diesen Daten eine Prävalenz von 12.900 Patienten, die in Deutschland wegen eines Pankreastumors mindestens einmal pro Jahr geröntgt werden sowie eine Gesamtdosis von 526 Sv. Bezogen auf eine Kollektivdosis durch Röntgenanwendungen in Deutschland von 144.000 Sv entspricht dies einem Beitrag von etwa 0,4%. Schlussfolgerung: Ausgehend von einer mittleren Röntgen-Dosis von 1,8 mSv pro Bundesbürger kommen somit auf jeden Patienten mit einem Pankreaskarzinom rein rechnerisch mehr als 35 Personen, die – für die Dauer eines Jahres – nicht geröntgt werden. Andererseits ist die hohe kumulative Dosis bei diesen Patienten aufgrund ihrer kurzen Überlebenszeit strahlenbiologisch nicht relevant. Die im Rahmen dieser Pilotstudie etablierte Methodik soll auf andere Tumorarten übertragen werden.

Korrespondierender Autor: Brix G

Bundesamt für Strahlenschutz, Medizinische Strahlenhygiene und Dosimetrie, Ingolstädter Landstr., 85762 Neuherberg

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