Der physiologische Zelltod findet als ein normales Phänomen im sich entwickelnden
Gehirn statt. Dabei werden überflüssige Zellen durch Apoptose aktiv eliminiert. Sauerstoff
ist im Tiermodell in der Lage, diesen physiologischen Zelltod zu stören und induziert
eine Neurodegeneration pathologischen Ausmaßes im Gehirn der infantilen Ratte. Gleichzeitig
konnten klinische Studien Hyperoxie als einen Risikofaktor für die infantile Zerebralparese
ausmachen. Die Toxizität von Sauerstoff ist dabei mit der Inaktivierung intrazellulärer
Signalwege, die Überleben fördern, assoziiert. In diesem Tiermodell der neonatalen
Hirnschädigung wurde 17-Beta Östrogen auf seine potentielle neuroprotektive Wirkung
untersucht. 6 Tage alte Han Wistar Ratten wurden entweder alleine einer 80% Sauerstoffumgebung
ausgesetzt oder mit Beginn der Exposition wurde zusätzlich eine Injektion 17-Beta
Östrogen (600µg/kg i.p.) appliziert. Die Tiere wurden zu definierten Zeitpunkten getötet
und entweder histologisch untersucht um degenerierte Zellen darzustellen, oder in
Stickstoff tiefgefroren um molekulargenetische Untersuchung durchzuführen. 17-Beta
Östrogen zeigte dabei eine signifikante Protektion gegenüber Sauerstoff induziertem
Zelltod. Um weitere mögliche molekulare Mechanismen zu untersuchen, analysierten wir
den Todesrezeptor Fas und seinen Liganden mittels PCR. Nach 12 und 24 Stunden Hyperoxie
kam es zu einer vermehrten Expression der proapoptotischen Fas und Fas-Ligand mRNA.
Eine zusätzliche Injektion von 17-Beta Östrogen konnte diese wieder reduzieren. Western-Blot
Analysen zweier intrazellulärer Signalwege (MAPK, PI3-Kinase), die das Überleben von
Nervenzellen fördern, konnten zeigen, dass eine 17-Beta Östrogenapplikation zu einer
vermehrten Phosphorylierung der beiden Proteinkinasen AKT und ERK1/2 führt. Die verminderte
Expression des Fas-Systems und die Aktivierung der antiapoptotischen Kaskaden mit
AKT und ERK1/2 könnten wichtige Mechanismen darstellen, die zu vermehrtem Überleben
von Nervenzellen führen. Die hier beobachtete neuroprotektive Wirkung gibt den Anlass
zur Vermutung, dass eine adjuvante Therapie mit 17-Beta Östrogen bei Frühgeborenen
von Nutzen sein könnte, denn neurologische Defizite lassen sich bei extremen Frühgeborenen
häufig nachweisen. Da Frühgeborene insbesondere eine vorzeitig Deprivation vom maternalen
Östrogen erfahren, könnte eine Östrogenapplikation helfen um vor neurotoxischen Substanzen
wie Sauerstoff zu schützen.