Dtsch Med Wochenschr 2006; 131(41): 2296
DOI: 10.1055/s-2006-951371
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Ärztliche Assistenz zur Selbsttötung - ethische, rechtliche und klinische Aspekte

Zum Beitrag aus DMW 24/2006J. F Spittler
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Publication Date:
11 October 2006 (online)

In der ständigen Kontroverse um die Suizid-Assistenz insbesondere durch Ärzte sind sachliche und klare Orientierungen wichtig, deshalb ist der Artikel von Schildmann und Vollmann [4] so notwendig und überzeugend. Deshalb sind auch seriös konzipierte Befragungen, wie die EURELD-Studie mit ihrem 7-Ländervergleich in Europa als Versuch einer wissenschaftlichen Bearbeitung unverzichtbar und Studien über die Suizidassistenz von Vereinigungen wie Exit in der Schweiz [1] so aufschlussreich.

In Deutschland leben wir nicht nur mit einem besonders aufmerksam beachteten Tötungs-Tabu. Wirksam ist auch ein Tabu gegenüber einer offenen Sicht, das systematische, wissenschaftliche Forschung über die Realitäten einer vielleicht im tabuisierten Verborgenen ablaufenden Suizidassistenz unmöglich macht. Schildmann und Vollmann plädieren mit Recht für eine wissenschaftlich fundierte Diskussion. In ihrem Artikel können sie Ergebnisse von Meinungsumfragen und die Statistiken aus Oregon vorstellen, die immerhin - aber eben auch nur - bestimmte Aspekte zeigen. Ergebnisse einer Handlungs- und Erlebensrealität können derzeit nicht publiziert werden. Erfahrungen Einzelner betreffen immer nur kleine Fallzahlen, die sehr stark von individuellen Aspekten der den Suizid Beabsichtigenden oder Durchführenden wie auch der Assistierenden gekennzeichnet sind. Die Veröffentlichungen aus Oregon lassen Schwierigkeiten der Suizidassistenz erkennen, die dringend der nüchternen Beachtung bedürfen. Die menschlichen und juristischen Probleme bei einem misslingenden, assistierten Suizid bleiben einem nicht erspart, wenn man sich auf die unvoreingenommen offene Begegnung einlässt. Die Situation der wissenschaftlichen Forschung zur Suizidassistenz in Deutschland ist besonders prekär, weil Meinungsumfragen von den realen Problemen nur ein schemenhaftes Abbild liefern. Unter diesem Aspekt bedeuten auch Veröffentlichungen kleiner Beobachtungskollektive eine wichtige Information [2] [3].

Literatur

  • 1 Bosshard G, Ulrich E, Bär W. 748 cases of suicide assisted by a Swiss right-to-die organisation.  Schweiz Med Wochenschr. 2003;  133 310-317
  • 2 Spittler J F. Die präsuizidale Entwicklung zu einem assistierten Suizid.  Nervenheilk. 2004;  23 292-296
  • 3 Spittler J F. Argumente, Gründe und Motive auf dem Weg in einen assistierten Suizid.  Nervenheilk. 2006;  25 855-860
  • 4 Schildmann J, Vollmann J. Ärztliche Assistenz zur Selbsttötung - ethische, rechtliche und klinische Aspekte.  Dtsch Med Wochenschr. 2006;  131 1405-1408

Priv.-Doz. Dr. med. J. F. Spittler

Am Beckerfeld 6

58456 Witten

Email: johann.f.spittler@ruhr-uni-bochum.de

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