Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - FV_O_1_17
DOI: 10.1055/s-2006-952207

Komplementäre Krebsdiagnoseverfahren–Ernstzunehmende Alternative oder nur Verunsicherung der Patienten?

S El-Safadi 1, HR Tinneberg 1, F Brück 2, K Münstedt 1
  • 1Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Giessen, Giessen
  • 2Praxis für Naturheilkunde, Lahnau-Dorlar

Fragestellung:

Komplementäre Krebsdiagnoseverfahren sind weit verbreitet, insbesondere die Irisdiagnostik und die Dunkelfeldmikroskopie nach Enderlein. Sie versprechen die Erkennung von Dispositionen für Krebs und / oder von Malignomen in einem frühen Stadium. Bei den Patienten sind sie populär, weil sie eine sofortige und klare Aussage über den Gesundheitszustand versprechen. Diese Studie sollte klären, ob Malignome mit diesen Verfahren identifiziert werden können?

Material und Methoden:

110 Probanden wurden komplementärdiagnostisch untersucht, die zum Teil an 5 verschiedenen Tumoren erkrankt waren. Einem in beiden Methoden sehr erfahrenen Heilpraktiker, wurden sie ohne nähere Information verhüllt vorgestellt. Die Irisdiagnostik sollte das erkrankte Organ erkennen, die Dunkelfeldmikroskopie akute oder metastasierte Tumorerkrankungen differenzieren.

Ergebnis:

Mit der Irisdiagnostik wurden 3 von den 70 an einem Tumor erkrankten Patienten erkannt (Sensitivität 0,04). Da der Heilpraktiker 5 Verdachtsdiagnosen stellen durfte, wäre die Sensitivität weiter nach unten zu korrigieren. Da die erfassten Dispositionen sich auch auf gutartige Erkrankungen beziehen konnten, wurden die Diagnosen ebenfalls mit gutartigen Erkrankungen korreliert. Auch hier fanden sich kaum Übereinstimmungen. Von den 12 akuten oder metastasierten Tumoren hat die Dunkelfeldmikroskopie nur 3 erkannt (Sensitivität 0,25). In 30 Fällen wurde ein Tumor fehlerhaft identifiziert (PPW 0,09).

Zusammenfassung:

Mit Hilfe der Irisdiagnostik ist es nicht möglich, Aussagen zur Tumorentität oder aber zu sonstigen Erkrankungen zu treffen. Auch die Ergebnisse der Dunkelfeldmikroskopie sind nicht zufrieden stellend. Problematisch bei beiden Verfahren ist die hohe Rate falsch-positiver Diagnosen, Patienten in scheinbarer Sicherheit wiegt oder aber sie unnötig verängstigt und verunsichert. Im letzten Fall führen nachfolgend durchgeführte unkonventionelle Therapieverfahren zu einer finanziellen Belastung.