Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - FV_E_01_06
DOI: 10.1055/s-2006-952213

Verminderte Inzidenz dichorialer Geminigraviditäten durch die 677C>T Mutation des 5,10-Methylentetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR)-Gens: möglicher Einfluss von Inhibin?

R Pavlik 1, S Hecht 1, K Keck 1, U Jeschke 2, I Mylonas 2, U Noss 3, K Friese 2, CJ Thaler 1
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität, Frauenklinik Großhadern, München, München
  • 2Ludwig-Maximilians-Universität München, I. Frauenklinik-Innenstadt, München
  • 3Zentrum für Reproduktionsmedizin, München

Wir konnten zeigen, dass die MTHFR-677C>T-Mutation das Risiko für spontan konzipierte dichoriale Geminigraviditäten deutlich reduziert. Wesentliche Vorraussetzung für die Entstehung dizygoter Gemini ist die Selektion und Ovulation von zwei dominanten Follikeln. Diese Prozesse werden entscheidend durch Inhibine reguliert, welche in Granulosazellen (GZ) produziert werden. Da der Phänotyp der MTHFR-677C>T-Mutation durch erhöhte Plasmahomocysteinspiegel charakterisiert ist, haben wir untersucht, ob Homocystein die Inhibin-Sekretion von GZ beeinflusst.

Die GZ wurden aus Follikelpunktaten von 14 IVF/ICSI-Patientinnen isoliert und für 5 Tage in FCS-haltigem Medium kultiviert. In der Versuchsgruppe wurden dem Medium zusätzlich 25µmM D/L- HCY zugegeben. Die Inhibin A- und B- Konzentrationen im Überstand wurde mittels ELISA-Kits bestimmt. Die Vitalität der GZ wurde nach Abnahme der Überstände anhand eines ATP-Biolumineszens-Assay gemessen und die Inhibin/ATP-Ratio berechnet.

Die Inkubation von GZ mit 25µmM D/L-HCY steigerte signifikant sowohl die Inhibin A-Produktion um 40±20% (p=0,008) als auch die Inhibin B-Sekretion um 30±27% (p=0,007). Die ATP-Konzentration wurde durch HCY im Medium nicht signifikant verändert.

Unsere Untersuchungen zeigen bisher völlig unbekannte Effekte von HCY auf die Inhibin A-und B-Sekretion humaner GZ. Besonders interessant scheint dabei, dass leicht erhöhte HCY-Konzentrationen, welche den durchschnittlichen Plasma Konzentrationen von Trägern der MTHFR-677C>T-Mutation entsprechen, die Inhibin-Sekretion von GZ signifikant steigern. Demnach könnte sich in vivo die hypophysäre FSH-Sekretion betroffener Frauen reduzieren und damit die Inzidenz von Zyklen mit Selektion und Ovulation von zwei Follikeln minimieren. Diese experimentellen Daten stellen daher eine exzellente Erklärung für die bisher nur klinisch dokumentierte negative Korrelation von MTHFR-677C>T mit der Inzidenz dichorialer Geminigraviditäten dar.