Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - FV_G_02_03
DOI: 10.1055/s-2006-952295

Geburtsgewicht und späteres Risiko für Typ 2 Diabetes: eine Metaanalyse

T Harder 1, E Rodekamp 1, K Schellong 1, JW Dudenhausen 1, A Plagemann 1
  • 1AG 'Experimentelle Geburtsmedizin', Klinik für Geburtsmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin

Die „fetal origins hypothesis“ zum „small baby syndrome“ postuliert, dass eine linear inverse Beziehung zwischen dem Geburtsgewicht und dem späteren Risiko der Entwicklung eines Typ 2 Diabetes bestehen würde. Wir führten zu dieser Fragestellung international erstmalig einen systematischen Review und eine Metaanalyse sämtlicher publizierter Studien durch (1). 14 Studien (10 Kohortenstudien, 4 Fall-Kontroll-Studien) mit insgesamt 132180 Probanden erfüllten die Einschlusskriterien. Ein niedriges Geburtsgewicht (<2500g), verglichen mit einem Geburtsgewicht >=2500g, war mit einem erhöhten Typ-2-Diabetesrisiko assoziiert (Odds ratio (OR): 1,32; 95% Konfidenzintervall (95%CI): 1,06–1,64; random effects model). Ein hohes Geburtsgewicht (>4000g), verglichen mit einem Geburtsgewicht <=4000g, war in demselben Ausmass mit einem erhöhten Typ-2-Diabetesrisiko assoziiert wie ein niedriges Geburtsgewicht (OR: 1,27; 95%CI: 1,01–1,59). Beide gepoolten Risikoschätzer für Typ 2 Diabetes verstärkten sich, wenn ein „normales“ Geburtsgewicht (2500–4000g) als Referenzkategorie benutzt wurde (niedriges Geburtsgewicht: 1,47; 95%CI: 1,26–1,72; hohes Geburtsgewicht: 1,36; 95%CI: 1,07–1,73). Sowohl Metaregression als auch kategoriale Analyse bestätigten die U-Form der Beziehung zwischen Geburtsgewicht und Typ-2-Diabetesrisiko. Zusammengefasst zeigen diese Ergebnisse, dass tatsächlich eine Beziehung zwischen dem Geburtsgewicht und dem späteren Typ-2-Diabetesrisiko besteht. Dieser Zusammenhang ist allerdings nicht, wie häufig postuliert, linear invers, sondern U-förmig: Sowohl ein niedriges als auch ein hohes Geburtsgewicht ist mit einem erhöhten Risiko für Typ 2 Diabetes assoziiert. Weitere Studien zur Charakterisierung ätiopathogenetischer Mechanismen, die diesen Beziehungen zugrunde liegen könnten, sind dringend erforderlich, um die Entwicklung von Strategien zur perinatalen Primärprävention von Type 2 Diabetes zu ermöglichen.