Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_K_01_28
DOI: 10.1055/s-2006-952337

Teenagerschwangerschaft – Eine Gratwanderung zwischen Bevormundung und Überforderung

A Raggi Nüssli 1, S Tschudin 1, W Holzgreve 1, J Bitzer 1
  • 1Universitäts-Frauenspital Basel, Basel, Schweiz

Einführung: Die Mehrzahl der Teenagerschwangerschaften werden abgebrochen. Immer wieder entscheiden sich aber auch sehr junge Frauen zum Austragen. Eine solche Schwangerschaft fällt in die Phase der Autonomieentwicklung und häufig sind die psychosozialen Umstände schwierig. Zudem handelt es sich aus medizinischer Sicht um Risiko-Schwangerschaften.

Fallbeispiel: Wegen Flankenschmerzen stellte sich eine 16-jährige Patientin zum ersten Mal in der 25. SSW vor. Ausser dem 17-jährigen Kindsvater, weisst niemand aus dem familiären Umfeld der Patientin von der Schwangerschaft. Die Hospitalisation wegen Pyelonephritis wird zum Anlass genommen, um in Absprache mit der Patientin die Mutter zu informieren und ein Betreuungsnetz aufzubauen: fixe ärztliche Bezugsperson der psychosomatischen Abteilung der Frauenklinik, Einbezug des Sozialdienstes, des Jugendschutz und der Jugendpsychiatrie. Bei Ablehnung seitens der Mutter wird für die Patientin eine vorübergehende Unterkunft organisiert. In der 35 + 5 SSW Spontangeburt eines lebensfrischen Mädchens von 2620g. Grundsätze des Betreuungskonzeptes: engmaschige regelmässige Kontrollen durch die gleiche fixe ärztliche Bezugsperson, die auch als Koordinatorin der verschiedenen Spezialdienste fungiert. Diese werden frühzeitig eingeschaltet, damit rechtliche und finanzielle Fragen und der Bedarf an speziellen Angeboten zur Vorbereitung auf Geburt und Stillzeit, sowie an psychologischer Hilfe im Hinblick auf die Entwicklung der Mutter-Kind-Beziehung geklärt werden können.

Schlussfolgerung: Die Betreuung einer Teenagerschwangerschaft stellt eine Gratwanderung zwischen Bevormundung und Überforderung dar. Um dieser anspruchsvolle Situation gerecht zu werden bieten sich ein biopsychosozialer Approach und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit an.