Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_K_02_06
DOI: 10.1055/s-2006-952470

Kommunikative Kooperativität und Patientenorientierung: Präoperative Aufklärung–Balance zwischen Information und Emotion

S Jung 1, S Ditz 2
  • 1Universität des Saarlandes, Saarbrücken
  • 2Universitätsfrauenklinik, Mannheim, Mannheim

Einleitung: Das präoperative Aufklärungsgespräch–für Ärzte ist es berufliche Routine, für Patienten handelt es sich um eine sehr persönlich erlebte Kommunikationssituation, bei der Vertrauensbildung und Emotionsbearbeitung im Vordergrund steht. Im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung und therapeutischem Privileg ist kooperatives sprachliches Handeln beider Partner aus juristischen und medizinisch-therapeutischen Gründen relevant.

Fragestellung: Welche kommunikativen Modelle ermöglichen auf der Basis partnerschaftlicher Kooperation eine Kommunikation zwischen Arzt und Patient, die das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gleichwertig zum Arztkonzept berücksichtigt, einen gemeinsam verantworteten Prozess initiiert und die Zusammenarbeit als Team realisiert?

Methodik: Mit Methoden der Diskursanalyse wurden authentische gynäkologische präoperative Aufklärungsgespräche mit Krebspatientinnen–unter Berücksichtigung des Kontextes–auf Struktur, Elemente kommunikativer Kooperativität (Perspektivenübernahme, Partnerbezogene Verständnissicherung etc.) und Patientenorientierung untersucht.

Ergebnisse: Die Arzt-Patient-Beziehung wird verbessert durch einen gemeinsamen kommunikativen Prozess. Die Analysen zeigten, dass Patienten Information, Beteiligung (Partizipative Entscheidungsfindung) und Empathie (Emotionsbearbeitung, Aktives Zuhören) wünschen. Die Wahrung der Balance zwischen Informationsgabe und der Bearbeitung von Emotionen zeichnet dabei ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch aus.

Schlussfolgerung: Die durch die Analysen erstmalig herausgearbeiteten Modelle: Handlungsschemamodell und Modell der Bewältigungsstile (Dimensionen Informations- und Emotionsbezogenheit) ermöglichen einen Fortschritt, der unter Berücksichtigung der Arzt- und Patientenperspektive bzw. -stile die Kommunikation und das gemeinsame Handeln optimiert. Kommunikative Kooperativität fördert den Gesprächsprozess sowie die Compliance und ist als Chance für Patientenorientierung zu werten.