Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_K_02_10
DOI: 10.1055/s-2006-952474

Ist die postpartale Levatorkontraktionskraft ein Indikator für eine später entstehende Inkontinenzsymptomatik?

V Drinovac 1, K Pohl 2, V Nobis 2, K Jundt 2
  • 1I. Universitäts-Frauenklinik Ludwig-Maximilians-Universität, München
  • 2Ludwig-Maximilians-Universität München, I. Frauenklinik-Innenstadt, München

Einleitung: Eine Inkontinenzsymptomatik bei Frauen wird in der Literatur mit einer Prävalenz von 7%–35% angegeben. Als eine beitragende Ursache werden Schwangerschaft und Geburt diskutiert. Es stellt sich die Frage, ob Patientinnen, die später eine Inkontinenz entwickeln, bereits postpartal pathologische Untersuchungsbefunde haben, die eine Risikoabschätzung erlauben würden.

Methodik: Prospektive klinische Untersuchung der Levatorkontraktionskraft (LK) bei erstgebärenden Frauen in der 1. postpartalen Woche, nach 3–6 und nach 18–24 Monaten; zu jeder Untersuchung standardisierter Inkontinenz-Fragebogen mit 6 Items zur Anal- und Harninkontinenz sowie Einschätzung des subjektiven Leidensdruckes anhand visueller Analogskala (VAS) [0–10 Punkte]; Bewertung der LK nach Oxford-Skala [0–5 Punkte].

Ergebnisse: 107 Patientinnen, Durchschnittsalter 30,5 Jahre [19–41 Jahre]; 1. Nachuntersuchung 77 Frauen, 2. Nachuntersuchung 59 Frauen; konstante Verteilung der unterschiedlichen Geburtsmodi zu den Untersuchungszeitpunkten. 27% der Frauen (n=29) hatten direkt postpartal keinerlei LK (0 Punkte), 32% (n=35) erreichten 1 Punkt, je 20% (n=21) 2 bzw. 3 Punkte, eine Patientin 4 Punkte. Keine der Patientinnen, die postpartal 0 Punkte hatte, zeigte eine Änderung der LK im Verlauf.

Häufigkeit von Symptomen einer Harninkontinenz zwischen Erst- und Abschlussuntersuchung: Stressinkontinenz 35% vs. 20%, Dranginkontinenz 43% vs. 21%. Postpartal gaben die Frauen einen niedrigen Leidensdruck an (VAS 2,89 Punkte), nach 3–6 Monaten einen gesteigerten (VAS 6,22 Punkte), der sich nach 18–24 Monaten auf 4,07 Punkte besserte [Mittelwerte].

Schlussfolgerung: Direkt postpartal ist bei geringem Leidensdruck die Häufigkeit von Inkontinenzbeschwerden hoch. Es zeigt sich eine Korrelation zwischen Untersuchungsbefund und Symptomen. Es ist zu diskutieren, ob Frauen, die keinerlei LK aufweisen bereits postpartal einem frühen Beckenbodentraining mittels Elektrostimulation zugeführt werden sollten.