Vor 100 Jahren war das Wissen um die reproduktiven Zusammenhänge äußerst begrenzt.
Öffentliche Werbung für Kontrazeptiva wurde strafrechtlich verfolgt und Aufklärung
galt aufgrund der kontrazeptionsfeindlichen Haltung der meisten Ärzte als unärztlich.
Die Kontrazeption beschränkte sich daher auf Kondome, Okklusivpessarien, Portiokappen
und Obturatorien zur Verhinderung des Eindringens der Spermien bzw. auf deren Abtötung/Immobilisierung
in der Scheide. Letzteres wurde durch eine präkoitale vaginale Applikation von Suppositorien
u.a. aus Kakaobutter und Chinin, lysol- oder essiggetränkter Schwämme bzw. Wattebäusche
sowie säurehaltiger Pulver über Scheidenpulverbläser realisiert. Scheidenspülungen
mit lauwarmem, meist angesäuertem Wasser hatten sowohl einen mechanischen als auch
einen biologischen Effekt. Sie wurden meist über ein an der Schlafzimmerwand hängenden
Irrigator mit Schlauch und Mutterrohr durchgeführt. Häufig fanden auch Klistierspritzen,
-pumpen und -autautomaten Verwendung. Bis in die 50iger Jahre des 20. Jahrhunderts
wurden zahlreiche Spülapparate konstruiert. Dazu gehörten die „Schlauchspritze nach
Dr. Hintz“, Reisescheidenspüler und -irrigatoren, die Frauenduschen „Russka“, „Venusdusche“
und „Douche universelle“ einschließlich verschiedener „Picknick-Modelle“, der „Hygieia
Spülapparat Frauenfreude“, der „Experator“, der Doppelkammer- „Circula-Spülapparat“
sowie Glocken-Brausen aus Hartgummi, Porzellan und Stahl. Mit letzteren wurde nach
dem Verkehr mittels einer Gummipumpe über ein Schlauchsystem Spülflüssigkeit aus einer
auf dem Nachttisch stehenden Schüssel über das mit einem Abdichtungsschwamm versehene
Instrument durch die Scheide in ein unter dem Bett stehenden Eimer befördert. Besser
gestellte Damen verfügten über ein besonders konstruiertes Bidet. Alle genannten Instrumente
einschließlich der verschiedenen Klystiergeräte und Bidets werden als Teil der Greifswalder
Kontrazeptivasammlung in Bild und Text demonstriert.