Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_K_03_02
DOI: 10.1055/s-2006-952614

Weibliche Genitalbeschneidung–Female Genital Cutting (FGC)–eine interkulturelle und interdisziplinäre Herausforderung

F Asefaw 1, K Vetter 2
  • 1Klinikum für Geburtsmedizin, Berlin
  • 2AG 'Experimentelle Geburtsmedizin'; Klinik für Geburtsmedizin, Berlin

Weibliche Genitalbeschneidung–Female Genital Cutting (FGC)–eine interkulturelle und interdisziplinäre Herausforderung

Durch Migrantenfamilien, die aus FGC-ausführenden Ländern kommen, ist das Thema FGC auch in der hiesigen Gesellschaft aktuell von Bedeutung:

Die vorliegende empirische Untersuchung erfolgte im Zeitraum 1999–2005 in Eritrea und Deutschland.

Eine zentrale Frage betraf die Morbiditäts- und Mortalitätsraten bei 367 beschnittenen Frauen im Vergleich zu 53 Unbeschnittenen. Die Frauen waren 15–70 Jahre alt, im Mittel: 28.

Gesundheitliche und psychosexuelle Komplikationen, die mit FGC und insbesondere mit der Infibulation einhergehen, werden eingehend analysiert, wie beispielsweise aszendierende Urogenitalinfektionen, Miktions- und Menstruationsbeschwerden vor dem Hintergrund der örtlichen Gegebenheiten, nämlich: mangelnder medizinischer Grundversorgung und Armut. Sie treten insbesondere bei infibulierten Frauen mit z: T. extrem verengtem Introitus auf.

Bemerkenswert ist, dass die Kontrollgruppe der 31 beschnittenen eritreischen Frauen in Deutschland im Alter von 25 bis 63 Jahren, im Mittel 33, subjektiv mehr unter ihrer Beschneidung leiden als die vergleichbaren Frauen in Eritrea.

Zwischen den beschnittenen Frauen und dem medizinischen Personal sind Verunsicherungen nachweisbar, die nicht nur auf kulturelle Barrieren und sensationsmotivierte Medienberichterstattungen zurück zuführen sind. Mangelnden Kenntnisse von Ärztinnen und Ärzten über die Eingriffe und die gesundheitlichen Komplikationen der unterschiedlichen FGC-Formen, erschweren zusätzlich eine adäquate medizinischer Versorgung der beschnittenen Frauen.

Es ist unabdingbar, die komplexen Hintergründe und Zusammenhänge der FGC-Problematik aus einer Innen-Perspektive der betroffenen Individuen und Gesellschaften zu analysieren, damit ein adäquater Umgang mit den betroffenen Patientinnen ermöglicht wird und schließlich effektive Präventionsmaßnahmen entwickelt werden können.