Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_K_03_28
DOI: 10.1055/s-2006-952637

Klinische Effekte von Tamoxifen auf den Urogenitaltrakt der Frau

R Aff 1, C Skala 2, SB Albrich 2, M Werling 2, H Kölbl 3, G Naumann 2
  • 1Diakonie Bad Kreuznach, Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe, Bad Kreuznach
  • 2Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauenkrankheiten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
  • 3Universitäts-Frauenklinik Mainz, Mainz

Zielstellung:

Harnblase, Urethra und Vagina zeigen eine hohe Anzahl an Estrogenrezeptoren; deren Verminderung in der Postmenopause kann z.B. eine Harninkontinenz, uroogenitale Atrophie oder Prolaps auslösen.

Wenige Studien zeigen z.T. kontroverse Ergebnisse in Bezug auf Wirkungen von Tamoxifen auf Harninkontinenz oder Beckenbodenschwächung.

Ziel der Untersuchung ist die Ermittlung von Tamoxifeneffekten auf LUTS (lower urinary tract symptoms) nach mind. 1 Jahr adjuvanter Therapie mit Blick auf Belastungsinkontinenz, Urgency, Dyspareunie und Genitalprolaps.

Material und Methoden: In einer retrospektiven Untersuchung wurden 147 Patientinnen mit einer mindestens einjährigen adjuvanten Tamoxifentherapie bei nodalnegativem Mammakarzinom Stadium I oder II in krankheitsfreiem Intervall ausgewählt und mit Hilfe eines validierten Fragebogens (King`s Health Questionaire) zu LUTS vor und nach 1 Jahr Therapie befragt, 103 Frauen beteiligten sich an der Untersuchung.

Ergebnisse:

Die befragten Frauen mit Tamoxifeneinnahme zeigen deutliche Beeinträchtigungen im Urogenitaltrakt. Die Urgency-Symptomatik stieg von prätherapeutisch 11,7% auf 35% nach Tamoxifen. Von 62 Patientinnen (60,2%) mit einer zuvor gegebenen Harnkontinenz beklagten n=21 (33,9%) Symptome einer Inkontinenz. Bei den 42 Patientinnen (39,8%) mit einer bereits bestandenen Inkontinenz verstärkten sich bei n=14 (34,2%) die Symptome deutlich.

Es zeigte sich ein deutlicher Anstieg der Dyspareunierate von 1,9% prätherapeutisch auf 28,2% nach Tamoxifentherapie. BE HWI und Genitaldeszensus zeigten sich keine verwertbaren Änderungen. Alle Frauen waren vom positiven Nutzen der Tamoxifeneinnahme überzeugt.

Schlussfolgerungen: Unsere Studie zeigt den deutlichen Einfluss von Tamoxifen auf den Urogenitaltrakt mit deutlicher Zunahme von Harninkontinenz, Harndrangsymptomatik und Dyspareunie.

Weitere Untersuchungen müssen die Nebenwirkungsrate anderer adjuvanter Strategien, z.B. Aromatasehemmer, ermitteln.