Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_O_03_34
DOI: 10.1055/s-2006-952679

Klinisch-relevante Lebensqualitätsdefizite als eigenständiger Teil einer neuen Konzeption von Krankheit bei Patientinnen mit Mammakarzinom

B Steinger 1, W Lorenz 1, M Koller 2, C Ehret 1, B Ernst 1, F Hofstädter 1, M Klinkhammer-Schalke 1
  • 1Tumorzentrum Regensburg e.V., Regensburg
  • 2Zentrum für Klinische Studien, Klinikum der Universität Regensburg, Regensburg

Lebensqualität(LQ) wird in klinischen Studien mittels EORTC Fragebogen routinemäßig erfasst, jedoch ist die klinische Bedeutung der Zahlenwerte bis heute unklar. Im Drei-Komponenten-Outcome-Modell wird klinisch relevantes Leiden mit <50 Punktwerten, Skala 0–100 (0=sehr schlecht, 100=sehr gut) angenommen1. Aus objektivem Arzturteil u. Patientinnenurteil wird mittels LQ-Profil ein LQ-Befund durch 5 Experten (Gynäkologie, Psychologie, Methodik) erstellt. Bei LQ-Defiziten werden gezielt Maßnahmen aus 5 Therapieoptionen (z.B. Psychotherapie, Physiotherapie/Lymphdrainage) empfohlen. Das Konzept u. Anwendung in der Therapie wurde in einer prospektiven Implementierungsstudie mit Mammakarzinompatientinnen überprüft.

Methoden: Entlang eines klinischen Pfades wurden 170 Mammakarzinompatientinnen von 12/2002–06/2004 in 5 Kliniken von 38 Gynäkologen (koordinierende Ärzte, KoÄ), sowie 78 Therapeuten im Gesundheitsbereich behandelt. Um LQ-Kliniker u. KoÄ LQ-diagnostik –therapie näher zu bringen, wurden folgende Implementierungsstrategien eingesetzt: Vorortbesuche mit Schulung der KoÄ, Identifizierung/Einbindung von Meinungsbildnern, Qualitätszirkel und CME.

Ergebnisse: 170 Patientinnen waren repräsentativ hinsichtlich Basischarakteristika für Mammakarzinompatientinnen (Alter 34–86, Median 58; UICC 0-IV 4, 41, 41, 9, 7%; BET/ME 66/33%). Globale LQ wurde in der Hälfte der Fälle von Arzt und Patientin unterschiedlich beurteilt (93/170). Bei Patientinnen mit klinisch-relevanter Einschränkung der LQ bewerteten sich 30 Patientinnen selbst als krank. Der Arzt beurteilte nur 8 Patientinnen davon als krank.

Schlussfolgerung: Bei klinisch-relevantem Einbruch der LQ fügt die von der Patientin selbst berichtete LQ einen eigenständigen Teil von Krankheit hinzu, der vom Arzt bisher nicht erkannt werden konnte. Die Kombination von objektivem Gesundheitsstatus (Arzturteil) und subjektiv bewerteter LQ (Patientinnenurteil) ermöglicht ein umfassendes Bild von der Patientin mit Mammakarzinom.