Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - A2
DOI: 10.1055/s-2006-959137

Das Arztgespräch mit Todkranken

E Bucka-Lassen 1
  • 1Hoejer, Dänemark

Wenn sich das Leben dem Ende neigt, ändern sich die Prioritäten, was sich auch im Stellenwert der Werte niederschlägt. Es ändern sich die Bedürfnisse und Wünsche und, von der Schmerzbehandlung abgesehen, für den Arzt die Möglichkeiten, mit den klassischen medizinischen Mitteln „etwas für den Patienten zu tun“.

Womit man etwas bewegen kann, sind die Nähe und die Zuwendung, die sich im ehrlichen Gespräch finden: In der vorurteilsfreien Anwesenheit, dort, wo der Patient mit seinem Körper, mit seinen Gedanken und mit seinen Gefühlen ist. Es geht nicht darum, ihn um die Fragen, die sich ihm stellen (und die er uns stellt) herumzuleiten, oder sie zur Seite zu schieben, sondern darum, sie ehrlich – und menschlich, mitmenschlich – zu beantworten. Es geht ums Da-sein … oder eher: ums Hier-sein.

Was der Patient vor allem – dringender als alles andere – braucht, ist Zuverlässigkeit; Zuverlässigkeit in den Gebieten, wo es sie noch geben kann. Vieles ist unsicher geworden, wird manchmal unsicherer von Tag zu Tag. Nötig sind jetzt Ankerpunkte, Fundamente, auf deren Festigkeit er sich verlassen kann. Der Arzt, der sich aufrichtig um ihn kümmert, sollte ein solcher Ankerpunkt sein. Zuverlässigkeit setzt Vertrauen voraus, und Vertrauen Glaubwürdigkeit. Glaubwürdigkeit heißt, zu seinen Überzeugungen zu stehen – und zu seinen Zweifeln. Auch Schweigen kann zur Glaubwürdigkeit gehören, und gerade im verstehenden Schweigen können sich viel Nähe und Zuneigung finden.