Zusammenfassung
Ein konkreter Hinweis auf zervikale Genese vestibulären Schwindels ist der pathologische
Nystagmus, der bei Drehung des Rumpfes gegenüber dem im Raum fixierten Kopf auftritt.
Ein solcher Zervikalnystagmus kann eine vaskuläre Ursache über Kompression der Arteriae
vertebrales oder eine propriozeptive Ursache haben über die Gelenksrezeptoren der
oberen Halswirbelsäule („zerviko-okulärer Reflex”) bzw. möglicherweise durch funktionelle
Störungen der Halswirbelsäule. Die dynamischen Eigenschaften des zerviko-okulären
Reflexes können nur bei Patienten mit isoliertem beidseitigen Labyrinthausfall untersucht
werden, da der Reflex beim gesunden Menschen so stark zurückgedrängt ist, dass er
nicht mehr analysierbar ist.
Wir fanden bei 5 Patienten mit isoliertem beidseitigen Vestibularisausfall einen kräftigen
zerviko-okulären Reflex. Die detaillierten Untersuchungen zeigten, dass der Nystagmus
nur während („phasischer Reflex”) der Verdrehung des Kopfes gegenüber dem Rumpf auftritt. Bei
Verharren in den Extrempositionen besteht dagegen kein propriozeptiver Nystagmus mehr.
Im Gegensatz hierzu zeigt ein vaskulär bedingter Zervikalnystagmus eine Latenzzeit
nach der Verdrehung des Kopfes gegenüber dem Rumpf und ein längeres Anhalten oder
sogar eine Verstärkung bei Verharren in der Extremposition.
Vor der Annahme der zervikalen Genese eines vestibulären Schwindels sollte die Prüfung
auf Zervikalnystagmus erfolgen. Ein Zervikalnystagmus bildet den einzigen konkreten
Hinweis auf die - oft unkritisch - ausgesprochene Beziehung zwischen Halswirbelsäule
und Schwindel.
Summary
A pathological nystagmus, occurring during turning of the trunk in relation to the
head, which is held stationary in space, clearly points towards a cervical origin
of vestibular vertigo.
Such a cervical nystagmus may have a vascular origin by the compression of the arteriae
vertebrales, or a proprioreceptive origin via the upper neck joints, or it may possibly
be due to functional disturbances of the upper cervical spine.
The dynamic characteristics of the so-called cervico-ocular reflex can be examined
only in patients with non-functioning labyrinths, since in a healthy person the reflex
is so strongly suppressed that it cannot be analyzed any more.
In five patients with isolated bilateral complete vestibular deficiencies, we found
a strong cervico-ocular reflex. Detailed examinations showed that nystagmus occurred
during turning of the body in relation to the head („phasic neck reflex”). On the other
hand, when remaining in the extreme positions, the proprioreceptive nystagmus does
not persist.
Contrary to this, a cervical nystagmus due to vascular causes shows a latency period
after torsion of the neck and increases if the head remains in the extreme position.
Before assuming a cervical origin of a vestibular vertigo, an examination for cervical
nystagmus should be carried out. Such a cervical nystagmus is the only definite pointer
towards a relation between an upper cervical spine syndrome and vertigo, which is
sometimes assumed rather uncritically.