Zusammenfassung
Als Ursache einer Dissektion der Vertebralarterien kommen neben stumpfen und penetrierenden
Halsverletzungen auch ruckartige aktive oder passive Kopfbewegungen in Frage. Die
resultierenden hämodynamischen Veränderungen infolge eines konsekutiven Gefäßverschlusses
oder einer Stenose können ebenso wie arterio-arterielle Embolien Ursachen vertebrobasilärer
Ischämien sein.
Wir berichten über eine 34jährige Frau, die unmittelbar im Anschluß an eine chiropraktische
Behandlung der Halswirbelsäule stechende Nackenschmerzen gefolgt von Drehschwindel,
rezidivierendem Erbrechen und passageren Doppelbildern bekam. Kernspintomographisch
war ein Kleinhirninfarkt im Versorgungsgebiet der A. cerebelli inferior posterior
links nachweisbar. Die Farbduplexsonographie ergab eine Dissektion beider Vertebralarterien,
die rechts zu einer Einengung des Gefäßlumens um 50% und links zu einem Gefäßverschluß
geführt hatten. Trotz therapeutischer Antikoagulation mit Heparin kam es am 11. Krankheitstag
zu einem Infarkt in der Medulla oblongata.
Verglichen mit Literaturberichten ist die bilaterale Vertebralisdissektion als Folge
eines chiropraktischen Manövers eine Seltenheit. Einseitige Dissektionen sind häufiger
beschrieben worden.
Diese Kasuistik macht erneut auf mögliche und nicht so seltene ernste Komplikationen
einer chiropraktischen Manipulation der Halswirbelsäule aufmerksam. Wir halten es
für unumgänglich, Patienten vor einer geplanten Behandlung gezielt über diese Gefahr
aufzuklären.
Summary
Dissection of the vertebral arteries result from blunt or penetrating neck injuries
as well as abrupt active or passive movements of the head. The resulting haemodynamic
changes are due to occlusion or stenosis as well as arterio-arterial embolism and
can lead to vertebrobasilar ischaemia.
We report on a 34-year old woman who developed neck pain, dizziness, recurrent vomiting
and transient diplopia immediately after neck manipulation. MRI showed left cerebellar
infarction in the territory of the posterior inferior cerebellar artery (PICA). Colour-coded
duplex sonography revealed dissection of both vertebral arteries leading to 50% stenosis
on the right side and occlusion on the left side. Despite anticoagulation an infarction
in the medulla oblongata occurred on the eleventh day after manipulation.
According to the literature bilateral dissection of the vertebral artery due to neck
manipulation is rare. Unilateral dissection has been observed more frequently. This
case illustrates the potentially serious consequences of chiropractic manipulation
of the neck. For this reason, we think it is necessary to inform patients about possible
complications before neck manipulation.