Zusammenfassung
Ergebnisse diagnostischer Verfahren werden erst relevant, wenn sie zutreffend klinisch
interpretiert werden. Entscheidend für die klinische Interpretation ist der prädiktive
Wert, der im klinischen Alltag, aber auch in der medizinischen Literatur, zumeist
falsch verstanden wird, z.B. die Sensitivität eines Testverfahrens entspreche etwa
dem prädiktiven Wert. Sensitivität und Spezifität eines Testverfahrens zusammen mit
der Prävalenz der gesuchten Krankheit lassen erst die prädiktiven Werte abschätzen.
Dieser Zusammenhang wird am Beispiel der Diagnostik der Chorioamnionitis mit Hilfe
der Messung des C-reaktiven Proteins erläutert: Der prädiktive Wert ist keine konstante
Größe, sondern ändert sich mit der Prävalenz. Die Prävalenz ändert sich aber je nach
klinischer Situation, d.h. gleiche Testergebnisse müssen klinisch ganz unterschiedlich
interpretiert werden. Unter Berücksichtigung dieser Zusammenhänge kann in einer allgemeinen
Entscheidungsanalyse schließlich gezeigt werden, wie mit Hilfe eines „Schwellenmodells“
rational und quantitativ über Auswahl und Interpretation von Testverfahren entschieden
werden kann. Obwohl zunehmend mehr entscheidungsanalytische Untersuchungen publiziert
werden, finden sie bisher in der täglichen Praxis kaum Resonanz. Dies sollte sich
zum Wohl der Patienten ändern.
Abstract
Diagnostic test results become only relevant if clinically interpreted. A key issue
in clinical interpretation is the predictive value which, however, in daily practice
and even in medical literature, is frequently misunderstood, as if the predictive
value would be about the same as sensitivity. Sensitivity and specificity of a test
only together with the prevalence of the target disease allow estimation of the predictive
values. This correlation will be examplified with the diagnosis of chorioamnionitis
measuring C-reactive protein: The predictive value is not constant, but depends on
prevalence. Prevalence, however, changes with clinical Situation, therefore similar
test results must be clinically interpreted very differently. Finally, considering
these correlations, decision analysis using the “threshold model” shows how to develop
a rational, quantitative approach to the selection and Interpretation of diagnostic
tests. Although more and more studies on decision analysis in diagnostics are published,
up to now, there is little response in day-to-day practice. This Situation should
be changed for the sake of our patients.