Zusammenfassung
Die Ätiologie des vorzeitigen Blasensprungs ist bis heute nicht eindeutig geklärt.
Man vermutet, daß verschiedene Faktoren (z. B. Koitusfrequenz) eine Rolle spielen.
In diesem Zusammenhang sind zunehmend auch genitale Infektionen immer mehr in den
Mittelpunkt des Interesses gerückt. Das Hauptproblem nach vorzeitigem Blasensprung
stellt das Fehlen der Barriere zwischen der keimbesiedelten Vagina und Zervix sowie
der normalerweise sterilen Fruchthöhle dar. Durch eine aszendierende Infektion kann
ein Amnioninfektionssyndrom (AIS) und in der Folge eine mütterliche und/oder neonatale
Sepsis entstehen. Die normalerweise kontrollierten Entzündungsparameter (Temperatur,
Leukozyten, Differentialblutbild und C-reaktives Protein) haben den Nachteil, daß
sie oftmals erst dann pathologisch werden, wenn klinische Symptome bereits eine Infektion
erkennen lassen (Fieber, druckdolenter Uterus, fetale Tachykardie). Bisher gibt es
keinen zuverlässigen Laborparameter, der die frühzeitige Vorhersage einer sich anbahnenden
Infektion gestatten würde. Wir berichten im folgenden über die diagnostische Wertigkeit
von Plasma-Konzentrationsmessungen der PMN-Granulozyten-Elastase (einer Proteinase,
die bei Entzündungsprozessen, wie z.B. Sepsis, in erhöhten Mengen im Plasma nachgewiesen
wird) im Hinblick auf frühzeitige Erkennung eines sich anbahnenden AIS nach vorzeitigem
Blasensprung. Es wurden 33 Patientinnen zwischen der 32.-42. SSW in die Studie aufgenommen,
davon entwikkelten 15 ein AIS. Die PMN-Granulozytenelastase stellt bei Ansteigen der
Plasmakonzentration über 32 ng/ml (Schwellenwert) im Unterschied zu den anderen beiden
Parametern (Temperatur und Leukozytenzahl) bereits einen Tag vor der Entbindung einen
biologischen Marker dar, der als ein statistisch signifikanter Prädiktor für die Entstehung
eines AIS gilt (p = 0,02). Der relative prädiktive Wert des positiven Testergebnisses
(geschätzt als odds ratio) lag bei 9. Niedrige Elastase-Werte schließen zwar eine
Infektion nicht aus, hohe Konzentrationen weisen jedoch auf ein Infektgeschehen hin.
Die Bestimmung der Elastasekonzentration scheint daher eine relevante Zusatzinformation
im Hinblick auf die Entwicklung eines AIS nach vorzeitigem Blasensprung zu liefern.
Abstract
The aetiology of preterm rupture of membranes is not yet completely understood. Local
infections of the vagina and cervix have attracted special attention during the last
years. Ascending infection with subsequent chorioamnionitis is a common complication
of preterm rupture of membranes. Recognition of the beginning of a chorioamnionitis
is usually based on clinical symptoms and laboratory findings like white blood cell
count and C-reactive protein. The purpose of this study was to find out the diagnostic
value of elastase, a protease of polymorphonuclear granulocytes, which is known to
be involved in inflammatory processes. Fifteen out of thirty-three patients with preterm
rupture of membranes developed a chorioamnionitis. Elastase plasma concentration levels
≥ 32 ng/ml one day before delivery showed a significant correlation (p = 0.02) to
the development of a chorioamnionitis. At this time neither white blood cell count,
nor rectal body temperature showed significant correlations. Low elastase levels do
not exclude an infection, whereas high levels indicate an infectious process. We conclude
that elastase is a relevant marker of chorioamnionitis.