Zusammenfassung
Anamnese: Zwei Hilfsarbeiter einer Zeitarbeitsfirma wurden ohne ausreichende Einweisung erstmalig
zur Reinigung einer Häuserfassade eingesetzt. Während der Arbeit erlitten sie Verätzungen
durch die im verwendeten Steinreiniger enthaltene Flußsäure. Beide waren aufgrund
des nur kurzfristig geplanten Einsatzes über die Gefährlichkeit oder Art ihrer Arbeitsstoffe
nicht informiert worden. Sie suchten erst mehrere Stunden nach der Exposition ärztliche
Hilfe.
Befunde: An den Kontaktstellen (Fall 1: Hände, Unterarme, Oberschenkel; Fall 2: Hände, Fußrücken)
traten zunächst scharf begrenzte, sehr schmerzhafte Erytheme auf, innerhalb derer
sich nach mehreren Stunden Pusteln (Fall 1) und Erosionen (beide Fälle) bildeten.
Erst 24 Stunden nach der Exposition konnte als Ursache eine Flußsäureverätzung ermittelt
werden. Die daraufhin eingeleiteten wiederholten Untersuchungen (Elektrokardiogramm,
Blutgasanalyse, Kontrolle der Elektrolytspiegel) erbrachten keine Hinweise auf eine
tiefreichende Verätzung der Kontaktstellen oder eine systemische Vergiftung. Auch
die Röntgenbilder der Finger ergaben keine pathologischen Befunde.
Therapie und Verlauf: Aufgrund des Fehlens anamnestischer Angaben wurde zunächst eine toxische Kontaktdermatitis
vermutet und eine Lokaltherapie mit Clobetasol-17-propionat durchgeführt. Nach Bekanntwerden
der Zusammensetzung des Steinreinigers bestand die Behandlung aus Umschlägen mit 10 %iger
Calciumgluconat-Lösung. Hierunter heilten die Läsionen innerhalb von 4 (6) Tagen vollständig
ab.
Folgerung: Zeitarbeiter werden trotz klarer rechtlicher Vorgaben oft nicht sachgerecht eingearbeitet.
Dadurch entstehen Informationslücken, die beim Arbeiter einerseits das Risiko eines
Arbeitsunfalles erhöhen und andererseits dessen Diagnose und angemessene Behandlung
deutlich erschweren.
Abstract
History: Two temporary labourers, on piece work without sufficient prior instructions, were
employed to clean a house facade. During the work, at first limited to 5-10 minutes,
they sustained chemical burns from the hydrofluoric and hydrochloric acids contained
in the liquid used to clean the stone. Both workers had been left uniformed about
the danger or kind of the material being used, because of their short-time employment.
They only sought medical help several hours later.
Admission findings: At the areas of contact with the cleansing liquid (hands, lower arms and thighs,
in case 1; additionally at first well circumscribed and very painful areas of erythema,
developing within a few hours into blisters, in case 2; also erosions in both).
Investigations: Chemical burns by hydrofluoric acid were only elucidated as the cause 24 hours after
exposure. Repeat tests (ECG, blood gas analysis, electrolyte levels) provided no evidence
of deep-seated burns at the contact areas or systemic poisoning. Radiology of the
hand was normal.
Treatment and course: As there was at first no indicative history, toxic contact dermatitis was suspected
and treated topically with Clobetasol-17-proprionat. Once the true cause became known
treatment consisted of compresses with 10 % calcium gluconate solution. All lesions
healed completely within 4 and 6 days, respectively.
Interpretation: Temporary workers are often insufficiently instructed, despite clear legal regulations.
Such lack of informations increases the risk of harm to workers and makes appropriate
treatment more difficult.