Zusammenfassung
Grundproblematik und Fragestellung: Trotz offizieller Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der hypertensiven Krise
ist nicht bekannt, inwieweit diese Empfehlungen Eingang in die Routine der ärztlichen
Praxis finden. Es war daher das Ziel der vorliegenden Untersuchung, die Vorgehensweise
von Ärzten bei der hypertensiven Krise zu erfassen.
Methodik: Klinisch tätige Ärzte wurden mit einem standardisierten Fragebogen mit »multiple
choice« sowie frei zu beantwortenden Fragen über ihr diagnostisches und therapeutisches
Vorgehen bei Patienten mit einer hypertensiven Krise befragt. Von 463 versandten Fragebögen
gelangten 325 zur Auswertung (Rücklaufquote 70 %).
Ergebnisse: Die am häufigsten genannten Blutdruckwerte, die für die hypertensive Krise als charakteristisch
angesehen wurden, betrugen systolisch > 200 und diastolisch > 120 mm Hg. Als Zielblutdruck
der antihypertensiven Therapie wurde am häufigsten ein Wert von 160/90 mm Hg angegeben.
Die meisten Ärzte wollten bei den verschiedenen klinischen Syndromen den Blutdruck
innerhalb von 30 bis 60 Minuten normalisieren. Der Calciumantagonist Nifedipin war
das Medikament der ersten Wahl bei fast allen klinischen Leitbildern. Die zweithäufigste
Therapie bestand in der intravenösen Gabe des α-Agonisten Urapidil. Nur bei Lungenödem
und Herzinfarkt wurde als Medikament der ersten Wahl Nitroglyzerin genannt. Überraschenderweise
wollten die Befragten in jeder der genannten klinischen Situationen am häufigsten
β-Rezeptorenblocker vermeiden. Obwohl 111 Teilnehmer den Calciumantagonisten Nifedipin
als Medikament der ersten Wahl beim Herzinfarkt nannten, wollten 28 der Befragten
Calciumantagonisten in dieser Situation vermeiden und 45 hielten sie sogar für kontraindiziert.
Folgerung: Bei der Behandlung von hypertensiven Krisen bestehen zwischen Praxis und publizierten
Empfehlungen große Unterschiede.
Abstract
Background and objective: Despite official guidelines on the diagnosis and treatment of hypertensive crisis,
the extent to which they are being followed in routine medical practice is unknown.
This study was undertaken to discover how hospital doctors were handling cases of
hypertensive crisis (HC).
Material and methods: Physicians were requested to participate in a multiple-choice questionnaire study,
relating to the diagnosis of HC, any emergency diagnosis and choice of antihypertensive
drugs, these questionnaires to be distributed among the medical staff. Ultimately
463 questionnaires (one per doctor) were sent out and 325 were completed (response
rate of 70 %).
Results: The most frequently mentioned blood pressure values characteristic for HC were > 200
systolic and > 120 diastolic. 160/90 was given most often as the therapeutic goal,
which most doctors wanted to reach in an HC within 30 to 60 min. The calcium-antagonist
nifedipin was the drug of first choice for almost all clinical presentations. Second
was intravenously urapidil, an α-agonist. Nitroglycerin was named as first choice
only for pulmonary oedema or myocardial infarction. In everyone of the stated conditions
most doctors were eager to avoid using β-blockers. As for the drug of first choice
in associated myocardial infarction, 111 doctors named nifedipin, 28 wanted to avoid
it and 45 considered it contraindicated.
Conclusion: These data show a marked discrepancy between recommended guidelines and actual practice
in the management of hypertensive crisis.