Z Gastroenterol 2007; 45 - A5_26
DOI: 10.1055/s-2007-967916

Erstbeschreibung eines Hepatozellulären Karzinoms als Komplikation eines akuten Budd-Chiari-Syndroms ohne Beteiligung der Vena cava: Kasuistik und Darstellung der Therapie durch Portocavalen Shunt und Radiofrequenzthermoablation zur Überbrückung bis zur Lebertransplantation

J Walldorf 1, WE Fleig 2, HJ Holzhausen 3, C Wittekind 4, A Tannapfel 5, U Settmacher 6, MM Dollinger 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Molekulare Hepatologie, Halle/Saale
  • 2Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig
  • 3Institut für Pathologie, Halle
  • 4Institut für Pathologie der Universität Leipzig, Leipzig
  • 5Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum an den BG Kliniken Bergmannsheil, Bochum
  • 6Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Jena

Hintergrund: Auf dem Boden einer eingeschränkten hepatischen Durchblutung (Budd-Chiari-Syndrom (BCS), membranöse Obliteration der Vena cava inferior (MOVC) oder Pfortaderthrombose) können sich verschiedene, meist benigne Raumforderungen der Leber entwickeln. Die Entstehung eines Hepatozellulären Karzinoms (HCC) wird jedoch nur bei Patienten mit langjährigem Verlauf einer MOVC beobachtet. Hierbei sind bedeutende regionale Unterschiede auffällig (Häufigkeit eines HCC infolge MOVC bei farbigen Süd-Afrikanern und Japanern 40%, in Indien und Nepal 5–11%, sehr selten bei Kaukasiern). Bisher wurde die Entwicklung eines HCC infolge eines klassischen, akuten BCS ohne Beteiligung der Vena cava nicht beschrieben. Wir berichten von einem Patienten mit akutem BCS ohne Obstruktion der Vena cava inferior mit Entwicklung eines HCC innerhalb von 13 Monaten. Kasuistik: Bei einem 37-jährigen Kaukasier mit schmerzlosen Ikterus wurde mittels US-Doppler und MR-Angio ein BCS diagnostiziert. Als Ursache wurde ein Protein C- und Protein S-Mangel festgestellt. Histologisch zeigte sich ein akutes Geschehen ohne Ausbildung einer Leberzirrhose. Nach frustranem TIPS-Versuch wurde therapeutisch ein portocavaler Shunt mit guter postoperativer Funktion angelegt. Bereits 13 Monate später waren vier Raumforderungen in beiden Leberlappen mit einem Durchmesser bis zu 28mm darstellbar. Es erfolgten zweimalig Leberherdbiopsien. Histologisch wurden (neben einer Fibrose Grad 3–4) adenomartige Makroregeneratknoten beschrieben, die nach Begutachtung durch zwei unabhängige Pathologen als hochdifferenziertes HCC diagnostiziert wurden. Nach sonographischen und radiologischen Kriterien (CT, MRT) wurden drei Herde als HCC identifiziert und mittels Radiofrequenzthermoablation erfolgreich abladiert. 21 Monate nach Diagnosestellung des BCS wurde eine orthotope Lebertransplantation durchgeführt. Histologisch wurden im Explantat makroregenerative Knotenbildungen beschrieben, ein HCC war nicht mehr nachweisbar. 18 Monate nach der Lebertransplantation liegen keine Hinweise für ein Tumorrezidiv vor. Fazit: Die Unterscheidung einer Lebervenenthrombose mit Beteiligung der Vena cava inferior von einer reinen Lebervenenthrombose hat eine wesentliche prognostische Bedeutung hinsichtlich der Entwicklung eines HCC. Doch auch beim klassischen BCS muss ein HCC als sehr seltene Komplikation beachtet werden. Eine regelmäßige Überwachung trotz erfolgreicher Shunt-Therapie sollte daher immer in Betracht gezogen werden.