Schmerz signalisiert Bedrohung und motiviert behaviorale Reaktionen deren Effizienz
wesentlich von einer kurzen Reiz-Antwort-Latenz abhängt. Paradoxerweise sind die peripheren
und spinalen Leitungsgeschwindigkeiten von Schmerz jedoch wesentlich niedriger als
für taktile Information. Die zerebralen Verarbeitungszeiten und Reaktionszeiten von
Schmerz und Berührung waren bisher jedoch nicht vollständig bekannt und sind in der
vorliegenden magnetenzephalographischen Studie verglichen worden. 10 gesunde Probanden
nahmen an einem einfachen Reaktionszeitexperiment teil. Es wurden randomisiert nicht-schmerzhafte
taktile Reize und schmerzhafte selektiv nozizeptive kutane Laserreize auf die rechte
Hand appliziert. Die Probanden wurden gebeten, auf jedweden Reiz mit einem Knopfdruck
des linken Zeigefingers zu reagieren. Es wurden die Latenzen der frühesten kortikalen
Antworten, die Reaktionszeiten und die Latenzen zwischen frühesten kortikalen Antworten
und Reaktionszeiten für beide Modalitäten bestimmt. Die Ergebnisse des einfachen Reaktionszeitexperiments
zeigen, dass die Verarbeitung von Schmerz innerhalb des menschlichen Gehirns bedeutend
schneller ist als die Verarbeitung von Berührung. Die Latenzen zwischen den frühesten
kortikalen Antworten und Reaktionszeiten waren für schmerzhafte Reize etwa 60ms kürzer
als für taktile Reize. Diese Latenzdifferenz zeigt, dass die kortikale Organisation
der Schmerzverarbeitung die langsame periphere und spinale Weiterleitung teilweise
kompensiert, schnelle behaviorale Antworten auf bedrohende Reize erlaubt und so den
besonderen behavioralen Erfordernissen des Schmerzes dient.