Zusammenfassung
Es war zu prüfen, ob es möglich ist, anhand einer Fremdbeurteilung des Schmerzausdruckverhaltens
von Säuglingen auf ökonomische Weise Rückschlüsse auf die postoperative Schmerzintensität
dieser Kinder zu ziehen. In einem iterativen Verfahren wurden die Daten aus prospektiven
und kontrollierten Beobachtungen an 139 Säuglingen während der frühen postoperativen
Phase mehreren Faktorenanalysen, Diskriminanzanalysen und Varianzanalysen mit wiederholten
Messungen unterzogen. Die Auswahl von zunächst 13 Beobachtungsparametern enstammt
den bisher in der Literatur veröffentlichten Versuchen gleicher Zielsetzung. Von den
ursprünglich 13 Beobachtungsparametern wurden „Nasolabialfalte”, „Gesichtsfarbe”,
„Schwitzen am Kopf” und „muskulärer Ruhetonus” wegen mangelnder Varianz als ungeeignet
identifiziert. Die 9 verbleibenden Items „Weinen”, „Gesichtsausdruck”, „Stirnfalten”,
„Armhaltung”, „Fingerhaltung”, „Zehenhaltung”, „Rumpfhaltung”, „Beinhaltung” und „motorische
Unruhe” zeigten weder in den Ergebnissen der Faktorenanalysen und der Diskriminanzanalysen
noch in den ”corrected item-scale”-Korrelationskoeffizienten oder den Inter-Item-Korrelationen
Vorzüge oder Nachteile im Vergleich untereinander. Die Hauptkomponentenanalyse ergab
eine einfaktorielle Lösung. Aus ökonomischen Gründen wurden aus dem Satz von 9 Beobachtungsparametern
jeweils 5 ausgewählt. Folgende Items bildeten die Kindliche Unbehagens- und Schmerz-Skala
(KUSS): „Weinen”, „Gesichtsausdruck”, „Beinhaltung”, „Rumpfhaltung” und „motorische
Unruhe”. In einem Säugling's Unbehagens- und Schmerz-Index bezeichneten Satz wurden
folgende Items verwendet: „Weinen”, „Gesichtsausdruck”, „Armhaltung”, „Rumpfhaltung”
und „motorische Unruhe”. Diese letzteren hatten die höchsten substantiellen Ladungen
in den Faktorenanalysen erreicht. Für beide Systeme ergab sich eine ausreichende interne
Konsistenz mit α > 0,90 (p < 0,01) bei wenigstens 73 % aufgeklärter Varianz. Inter-Item-Korrelationen
und ”corrected item-scale”-Korrelationen ergaben keine Hinweise auf Vor- oder Nachteile
eines der beiden Systeme. In Diskriminanzanalysen hinsichtlich der Fähigkeit zwischen
Situationen mit oder ohne Analgesiebedarf zu unterscheiden ergab sich kein Unterschied
hinsichtlich der Sensitivität, Spezifität und prädiktiven Werten zwischen dem SUS-lndex
und der KUS-Skala. Varianzanalysen mit wiederholten Messungen deckten eine signifikante
Interaktion von Meßwiederholung und Gabe von Piritramid auf, nicht jedoch von Midazolam.
Die konkurrierende und Konstrukt-Validität konnte für beide Systeme mit Gabe von Piritramid
gesichert werden. Aus klinischen Erwägungen ist für die tägliche Praxis die KUS-Skala
vorzuziehen, da sie nachweislich für Kinder vom Säuglingsalter bis zum Abschluß des
4. Lebensjahres gültig ist, und weil einschließlich der Ergebnisse der vorgelegten
Studie kontrollierte Daten zur Sensitivität, Spezifität, Beobachterübereinstimmung
und Validität vorliegen.
Summary
In a prospective trial in 139 infants ASA classification I-II 13 observational items
were scaled during the first postoperative hour (13 assessments). The items were drawn
from the literature and chosen for economic purpose. Factor analyses (Principal component,
Kaiser Criterion, Scree-test) were used for the elimination of useless items and for
the identification of suitable ones. The discriminative properties of single items
and different subsets of items to detect an analgetic demand were tested in discriminant
analyses and variance analyses with repeated measurements. Due to insufficient variance
four items had to be eliminated: "nasolabial folding", "colour of the face", "sweating
of the head", and "muscle tone". The factor analysis if the remaining 9 items resulted
in a one factorial solution. Neither the corrected item-scale-correlations nor the
inter-item-correlations showed advantageous properties of single items compared with
the others. For economic reasons two 5-item scales were chosen for further evaluation
in regard to sensitivity, specifity and validity. The items "crying", "facial expression",
"positioning of the legs", "positioning of the trunc" and "motoric restlessnes" built
the Children's and Infants Postoperative Pain Scale (CHIPPS) wheras an Infants Postoperative
Pain Scale (IPPS) contained the items "crying", "facial expression", "positioning
of the arms", "positioning of the trunc" and "motoric restlessnes". The latter five
items had shown the highest factor loadings. The two systems had a high intern consistency
with α > 0.90 (p < 0.01) with at least 73 % explained variance. Inter-item-correlations
and corrected item-scale-correlations showed no differences between the two scales.
The discriminant analyses resulted in almost identic data for specifity, sensitivity
and predictive values of the IPPS compared with the CHIPPS. There was a significant
interaction between repeated measurements and the supply of Piritramide and Ketamine,
but not of Midazolam. Concurrent and constructive validation were positive for both
systems, using administration of Piritramide as a criterion. For clinical purpose
the CHIPPS should be preferred, because it has been proven to be valid in children
up to 4 years of age and because controlled data on its sensitivity, specifity, reliability
and validity could already be presented.
Schlüsselwörter
Postoperativer Schmerz - Säugling -Schmerzerfassung - Postoperative Analgesie
Keywords
Postoperative paininfants - pain assessment - postoperative analgesia