Zusammenfassung
Ziel der Studie: Sevofluran ist ein neues Inhalationsanästhetikum, das sich z.Z. in Europa und den
USA in Phase III der klinischen Erprobung befindet. Aufgrund seines niedrigen Blut/Gas-Verteilungskoeffizienten
sollte es eine rasche Einleitung und ein schnelles Erwachen gewährleisten. In der
vorliegenden Studie wurden Aufwachzeiten und Kreislaufverhalten bei Anwendung von
Sevofluran bzw. Enfluran vergleichend untersucht. Darüber hinaus wurden alle unerwünschten
Wirkungen erfaßt und der kausale Zusammenhang zum verwendeten Inhalationsanästhetikum
beurteilt.
Methodik: In einer offenen, prospektiven und randomisierten Studie wurden 30 Patienten der
ASA-Klassen I und II untersucht. Die Anästhesie wurde mit Fentanyl, Thiopental und
Vecuronium zur endotrachealen Intubation eingeleitet. Zur Aufrechterhaltung der Anästhesie
erhielten die Patienten Sevofluran bzw. Enfluran, Lachgas/Sauerstoff im Verhältnis
60:40 % und intermittierend Fentanyl (1 - 2 μg/kg/h). Das Monitoring umfaßte neben
EKG und nichtinvasiver Blutdruckmessung die Messung der inspiratorischen und endexspiratorischen
Konzentrationen von Sevofluran bzw. Enfluran. Am Ende der Operation wurde die Zufuhr
von Sevofluran bzw. Enfluran und Lachgas ohne auszuschleichen beendet und die Aufwachzeiten
bestimmt. Alle unerwünschten Wirkungen, die bis zum dritten postoperativen Tag auftraten,
wurden erfaßt und der Kausalzusammenhang mit dem verwendeten Inhalationsanästhetikum
als „nicht gegeben”, „unwahrscheinlich”, „möglich”, „wahrscheinlich” oder „sehr wahrscheinlich”
klassifiziert.
Ergebnisse: Mit Ausnahme der endexspiratorischen Konzentration am Op-Ende und den durchschnittlichen
inspiratorischen und endexspiratorischen Konzentrationen, die in der Sevoflurangruppe
höher waren, waren die beiden Patientengruppen vergleichbar. Sevofluran wurde signifikant
schneller pulmonal eliminiert und die Zeit bis zum Erwachen war in der Sevoflurangruppe
signifikant kürzer (5 vs. 9 Minuten). Die Aufwachzeit war für Sevofluran unabhängig
von der applizierten Dosis (MAC-Stunden). Herzfrequenz und mittlerer arterieller Blutdruck
zeigten im Verlauf keine Unterschiede zwischen Sevofluran und Enfluran. Unerwünschte
Wirkungen mit einem „wahrscheinlichen” oder „sehr wahrscheinlichen” Kausalzusammenhang
zum verwendeten Inhalationsanästhetikum traten nicht auf.
Schlußfolgerung: Die Aufwachzeit nach einer Inhalationsanästhesie hängt von der (alveolären) Ventilation,
vom Blut/Gas-Verteilungskoeffizienten und, zumindest für Enfluran und Isofluran, von
der applizierten Dosis (MAC-Stunden) ab. Dagegen besteht für Sevofluran keine positive
Korrelation zwischen Aufwachzeit und applizierter Dosis. Aufgrund seines niedrigen
Blut/Gas-Verteilungskoeffizienten (0,6 - 0,7 vs. 1,8 für Enfluran) wird Sevofluran
pulmonal schneller eliminiert und führt zu kürzeren Aufwachzeiten. Bei Supplementierung
der Inhalationsanästhesie mit Fentanyl bestehen zwischen Sevofluran und Enfluran keine
Unterschiede im Verlauf von Herzfrequenz und mittlerem arteriellem Blutdruck.
Summary
Objective: Sevoflurane ist a "new" volatile inhaled anaesthetic currently undergoing phase III
clinical trials in Europe and USA. Owing to the low blood solubility, rapid induction
of anaesthesia and emergence from anaesthesia would be expected. In this study, we
compared emergence times and haemodynamics in patients receiving either sevoflurane
or enflurane. Furthermore, all adverse experiences were recorded, and the relationship
to the drug administered was rated.
Methods: Thirty ASA physical status I and II patients were studied in an open, prospective
and randomised clinical trial. Anaesthesia was induced with fentanyl, thiopentone
and vecuronium for facilitating endotracheal intubation. Anaesthesia was maintained
with sevoflurane or enflurane, 60 % nitrous oxide in oxygen and additional doses of
fentanyl (1 - 2 μg/kg/h). ECG, blood pressure (non-invasive), inspiratory and end-tidal
concentrations of sevoflurane or enflurane were monitored continuously. At the end
of surgery, administration of sevoflurane or enflurane and nitrous oxide stopped without
tapering and emergence times were recorded. All adverse experiences which occurred
until the third postoperative day were recorded and the relationship to the inhaled
anaesthetic was rated as "none", "unlikely", "possible", "probable" or "highly probable".
Results: With the exception of the end-tidal concentration at the end of surgery and the mean
inspiratory and end-tidal concentrations, which were higher for sevoflurane, the two
patient groups were comparable. Pulmonary elimination was significantly faster and
emergence time was significantly shorter (5 vs. 9 minutes) with sevoflurane. Emergence
time did not correlate with the duration of anaesthetic exposure (MAC hours) for sevoflurane.
There was no difference in the time courses of heart rate and mean arterial blood
pressure between sevoflurane and enflurane. No adverse experiences with a "probable"
or "highly probable" relationship to the inhaled anaesthetic were observed.
Conclusion: Emergence time after inhalation anaesthesia depends on (alveolar) ventilation, blood-gas
solubility coefficient and, at least for enflurane and isoflurane, on the dose applied
(MAC hours). There is no positive correlation between emergence time and dose applied
for sevoflurane. Due to the the lower blood-as solubility coefficient (0.6-0.7 for
sevoflurane vs. 1.8 for enflurane) pulmonary elimination is faster and emergence time
is shorter with sevoflurane. Supplementing inhalation anaesthesia with fentanyl, there
is no difference in the time courses of heart rate and mean arterial blood pressure
between sevoflurane and enflurane.