Zusammenfassung
Bei verschiedenen akuten otoneurologischen Erkrankungen, wie dem Hörsturz, der Vestibularisläsion,
dem M. Ménière und der Bellschen Parese, wurden Untersuchungen zur Immunregulation
und zur Immungenetik durchgeführt. Als Test der Immunregulation wurde der T-Lymphozytensubpopulationsquotient
T-Helfer-(CD4) und T-Suppressor-(CD8-)Lymphozyten gemessen. Dieser fand sich im Gegensatz
zu Hörverlusten nach otobasalen Frakturen und einer gesunden Kontrollgruppe bei 50%
der Hörsturzpatienten erhöht. Die Berechnung der absoluten Lymphozytenwerte ergab,
dass die Quotientenerhöhung durch eine prozentual stärkere Verminderung der CD8-Zellen
hervorgerufen wurde. Alle Ergebnisse sprechen für einen synchronen Verlauf von Krankheitsaktivität
und immunologischen Parametern. Die CD4/CD8-Bestimmung könnte eine prognostische Bedeutung
haben, denn eine Quotientenerhöhung fand sich gehäuft bei Neigung zu Hörsturzrezidiven
und Fluktuationen, Persistieren eines Tinnitus oder vestibulärer Symptome. Eine Quotientenerhöhung
fand sich auch bei der aktuen Vestibularisschädigung (Neuropathia vestibularis) in
48% der Fälle, dem M. Ménière in 57% der Fälle und der Bellschen Parese in 39%, nicht
jedoch bei Fazialisparesen bekannter Ursache, wie z.B. nach Traumen oder bei Herpes-zoster-Paresen.
Als Test der Immungenetik wurde die HLA-DR-Typisierung vorgenommen. Beim Hörsturz
fand sich eine erhöhte Häufigkeit für HLA-DR-4 mit einem relativem Risiko (rR) von
2,8. Damit ist das Merkmal HLA-DR4 signifikant bei Hörsturzpatienten vermehrt vorhanden.
Das Antigen HLA-DR4 erwies sich ferner als prognostisch ungünstiges Zeichen, denn
bei 44% besserte sich das Hörvermögen nicht. Bei der Neuropathia vestibularis fand
sich für HLA-DR4 ein rel. Risiko von 3,12 und für den M. Ménière von 3,64 für HLA-DR4.
Bei der Bellschen Parese war das rel. Risiko für keines der DR-Antigene erhöht. Mögliche
Ursachen der immunologischen Disbalance bei akuten otoneurologischen Erkrankungen
im Hinblick auf die immunpathologischen Befunde dieser Arbeit werden diskutiert. Nach
heutigem immunologischen Kenntnisstand sind sie am ehesten mit einer Autoimmunerkrankung
vereinbar. Die immunpathologischen Werte dieser Arbeit weisen Ähnlichkeit mit Befunden
bei der multiplen Sklerose auf. Möglicherweise handelt es sich bei einem Teil der
akuten otoneurologischen Erkrankungen im Sinne einer akuten kranialen Polyneuropathie
um ein ähnliches Krankheitsgeschehen an verschiedenen Hirnnerven.
Summary
In patients with various otoneurological diseases like hearing loss, neuronitis vestibularis,
Ménière's disease and Bell's palsy, analyses concerning the immunoregulation and immunogenetics
were done. For analysing the immunoregulation the T-helper (CD4) T-suppressor (CD8)
ratio was determined. In contrast to patients with hearing loss caused by otobasal
fractures and a healty control group, this ratio was elevated in 50% of the patients
suffering from hearing loss. The elevation of the CD4/CD8 ratio was mainly caused
by a reduction of CD8 positive cytotoxic-suppressor T-lymphocytes. The CD4/CD8 ratio
may be of prognostic value, since an elevated ratio was found more often in patients
with relapse of hearing loss, fluctuations, persistance of tinnitus or vestibular
symptoms. An elevated ratio could also be detected in 48% of the patients with neuronitis
vestibularis, in 50% of the patients with Ménière's disease and in 39% of the patients
with Bell's palsy. A normal value was found in paralysis of the facial nerve of known
origin like a state after trauma or after herpes zoster oticus paralysis. Immunogenetics
was tested by HLA-DR typing. In patients with hearing loss HLA-DR4 antigen was distinctly
increased, the relative risk was 2.8. The presence of the HLA-DR4 antigen proved to
be an unfavourable sign, since in 44% of the patients presenting these antigenes we
found no improvement of the hearing. In patients with neuronitis vestibularis we found
a relative risk of 3.12 and in patients with Ménière's disease a relative risk of
3.64, both for HLA-DR4. Possible reasons for this immunological imbalance in patients
with acute otoneurological diseases were discussed. Most of the results are consistent
with an autoimmune disease. There are many similarities with results found in patients
with multiple sclerosis. Possible reasons of the acute otoneurological diseases a
polyneuropathies attacking different brain nerves.