Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1993; 28(2): 75-80
DOI: 10.1055/s-2007-998882
Originalien

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Sterben und Tod auf einer operativen Intensivstation aus der Sicht naher Angehöriger - Eine Fragebogenuntersuchung

Dying and Death in the Intensive Care Unit as Seen by Close Relatives - A Questionnaire InquiryK. Hermanns1 , F. Salomon2
  • 1Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin am Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin (Leiter: Prof. Dr. K. Eyrich)
  • 2Abteilung für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin am Kreiskrankenhaus Lemgo (Leiter: PD Dr. F. Salomon)
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Publication History

Publication Date:
22 January 2008 (online)

Zusammenfassung

Erkenntnisse Über das Erleben von Sterben und Tod auf einer Intensivstation von Angehörigen auf einer Intensivstation verstorbener Patienten liegen bisher nicht vor. Offen ist außerdem die Frage, ob die Kritik an der Intensivmedizin heutzutage nicht gerade von diesen Angehörigen stammt. Um entsprechende Kenntnisse zu sammeln, wurde ein selbstkonstruierter 48 Items umfassender Fragebogen an Angehörige auf der Intensivstation verstorbener Patienten versandt, der sich inhaltlich auf folgende Bereiche bezieht:

  • Kommunikations- und Informationsstrukturen

  • Eindrücke von der Intensivstation und emotionale Reaktion

  • Einschätzung der Intensivtherapie

  • Sterben und Tod auf der Intensivstation

Von 181 verschickten Fragebögen wurden 145 (85,3 %) an uns zurückgesandt. Die Antworten der 109 Angehörigen, die ihren Verwandten auf der Intensivstation besucht haben, werden hier dargestellt. Ein Großteil der Befragten fühlt sich umfassend informiert. Als erste Eindrücke werden ein hoher technischer Aufwand und ein großes medizinisches Können wahrgenommen. Die gefühlsmäßige Reaktion auf die Intensivbehandlung eines Verwandten schwankt zwischen Besorgnis und Zuversicht, es dominiert der Eindruck, daß alles Nötige und Mögliche für den Patienten getan wird. Eine unnötige Lebensverlängerung durch die Intensivbehandlung wird dabei jedoch nicht wahrgenommen. Dem Tod auf der Intensivstation ist in den Augen der Befragten die Würde eher genommen, in Frieden sterben erscheint aber in dieser Situation möglich. Die hohe Antwortquote, die positive Gesamteinschätzung, aber auch die kritische Sicht des Sterbens auf der Intensivstation werden diskutiert.

Summary

No studies are available so far on the way dying and death in the ICU are perceived by relatives of the patients. It is also not clear in how far the current criticism of intensive care medicine stems from these relatives. These problems were investigated by sending a self-developed 48-item questionnaire to relatives of patients who had died in the ICU. The questions centred on the following subjects:

  • Communication and information structures

  • Perception of the ICU and emotional reaction

  • Assessment of treatment

  • Dying and death in the ICU.

Of 181 questionnaires distributed, 145 (85,3 %) were returned. We present the replies of the 109 persons who visited their relatives in the ICU. The majority regarded memselves as well informed. Initial impressions were a high technical and medical standard. Emotional reactions to ICU treatment of a relative alternated between anxiety and hope with the dominant impression mat the patient received the best possible therapy. However, the treatment was not perceived as an artificial prolongation of life. Although death loses dignity in the ICU according to those questioned, dying in peace does seem possible in this situation. The high response rate, the positive general assessment and the critical view of death in the ICU are discussed in the following.

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